Wir mussten noch einige Kilometer von gestern nachholen und dann noch das heutige Plansoll. Daher ging es früher los als sonst. Mein Gepäck konnte ich reduzieren und leichter treten. Viele Pausen ließen uns dann spät ankommen. Ausserdem machte uns der Regen einen Strich durch die Rechnung

Früh raus

Kurz war die Nacht, kalt in den Füßen und der immer wieder laut brummende Kühlschrank neben mir löcherte mir auch noch den Schlaf. Die Kürze kam daher, dass ich bis Mitternacht geschrieben hatte und der Wecker um 4:55 läutete. Da wir gestern zu wenig Kilometer machten, mussten wir diese heute einholen; am besten indem der Tag um eine Stunde früher beginne. Kalte Füße habe ich zum letztenmal. Für meinen Schlafsack gibt es einen Innensack, den ich bis jetzt noch nicht ausprobierte. Ganz sicher geht es mit dem dann besser. Das Brummen des Kühlschranks musste ich hinnehmen. Immerhin war er ein bissl ein Partner von mir, kühlte er doch meine Würstel während des beschaulichen Aufenthalts hier.

Meine erste Tat heute war, ein Päckchen zu schnüren für den Postweg nach Wien. Das machte Spaß. In eine ganz klein faltbaren Reisetasche, die ich mir eigens vor der Abreise gekauft hatte, wurde nun alles Entbehrliche verstaut. Die Tasche zurrte ich mit einem Riemen zu. Dann packte ich meine restlichen Dinge zusammen und hatte zum erstenmal so ein richtig gutes Gefül. Alle Taschen ließen sich auf Anhieb gut schließen. Ja, so lässt es sich reisen. Im nächsten Ort, der etwa 35 km entfernt war, würde ich das Packerl dann abschicken. Sollte es dort noch zu früh sein, so würde ich es einfach im nächsten Ort aufgeben.

Petr gut angekommen

Beim Bepacken der Roller berichtete uns Josef, dass Petr gut zuhause angekommen war. Es sei aber eine wahre Odyssee gewesen bis er mit dem Bus unterwegs sein konnte nach Vancouver. Der Busfahrer weigerte sich nämlich den Roller mitzunehmen. Er benötigte einen Karton. Den gab es aber nirgendwo hier zu erstehen, also versuchte es Petr mit Autostopp. Ziemlich erfolglos, doch dann kam jemand extra seinetwegen zu ihm gefahren. Dieser jemand hatte uns drei am Berg oben gesehen und sah nun Petr im selben Outfit und mit Roller in der Gegend stehen. Der Mann war äußerst hilfsbereit. In seiner Garage hatte er noch einen großen Karton. In diesen wurde Petrs Roller nun verpackt. Mit dem nächsten Bus wurde er dann samt Karton problemlos mitgenommen.

Morgenstimmung

DSC04466Nun aber zu uns! Abfahrt. Morgenstimmung vom Feinsten!!! Die Berge und auch die Häuser waren in Nebel gehüllt, die aufgehende Sonne war nicht zu sehen, nur ihre Platzierung in der unwirklich wirkenden Stimmung war zu erahnen. Ab und zu blitzte tiefblauer Himmel durch. Die Straße war trocken und wir hatten gute Sicht. Kaum Verkehr. Frühaufsteher arbeiteten bereits. Rechts von uns kam ein Platz mit Holzproduktion. Baumstammberge verschwanden teilweise im Nebel, der Duft des Holzes war berauschend. Da wünschte ich mir eine Kamera am Helm, die genau dann ein Foto schießt, wenn es so einen tollen Bildeindruck gäbe, meinetwegen mit Fernauslöser am Lenker. Das hatte ich aber nicht bei mir. Stehenbleiben zum Knipsen konnte ich auch nicht. Schließlich hatten wir Zeit und Kilometer gut zu machen. Langsamerwerden könnten wir später immer noch. Nicht aber jetzt nach einen oder zwei Kilometern!

DSC04467Inmitten der gespenstisch schönen Stimmung waren wir mit unseren signalgelb leuchtenden Dressen. Das gab dem Optischen noch eins drauf und wäre ein Wahnsinnsbild geworden. Ich wünschte mir Pavlina her, die schnelle Kickbikerin aus Tschechien, die im Brotberuf selbständige Fotografin ist und bei Kickfrance2013 so exzellente Bilder machte.

Mir knallte sich „Morgenstimmung“ von Grieg in den Kopf. Leider kann ich jetzt nicht googeln, ob es nicht „Morgenstimmungen“ heißt. Nebensächlich. Wesentlich ist, dass ich mein Kopfradio aufdrehte und zu den Nebelschwaden und dem diffusen Streiflicht Grieg hörte.

DSC04465Bei uns lief es optimal. Ja, diesen Begriff getraue ich mich zu verwenden. Wir hatten kurze Hosen und die winddichten Jacken. So fuhren wir lange Zeit einen 20er-Schnitt. Ein wunderbarer Gleichgewichtszustand zwischen Schwitzen und Abkühlen durch den morgenfrischen Wind stellte sich ein. Als wir dann wieder fern der Zivilisation waren, fuhren wir entlang eines Sees. Die Wolken lichteten sich und der tiefblaue Himmel dominierte das Gesamtbild. Der helle Morgen zeigte sich von seiner allerschönsten Seite. Unser Seeufer war im Schatten der nahen Berge. Das war gut so. So hielt sich nämlich dieser Temperaturgleicgewichtszustand länger. Wir mussten nicht stehenbleiben um auf Kurzarm umzustellen und um uns einzucremen. Wir fuhren weiter. Ohne größerer Anstrengung. Der Schnitt lag immer noch bei 20 km/h und das trotz leichten Muskelkaters in den Schenkeln und dem Wissen, heute mindestens 140 km machen zu müssen mit mindestens 700 Höhenmetern. Wahrscheinlich würden es mehr.

An einer Straßenbucht am Seeufer machte Josef halt. Es forderte der blaue, ruhige See ihn auf, ein Foto zu schießen. Frederic und ich taten es ihm gleich. Dann packte Frederic Essen aus und warf ein. Aha, jetzt schon Pause? Ich wunderte mich. Ein Blick auf meinen Fahrradcomputer zeigte mir, dass wir schon 27 km unterwegs waren. Da packte ich gerne auch mein Essen aus. Es war mein Frühstück. Wir freuten uns gemeinsam sehr über den bisherigen Lauf. Mit diesem Morgenritt holten wir sehr schnell ein was uns gestern verloren gegangen war. Nur noch 8 Kilometer bis zum nächsten Ort.

Ungebremst ging es weiter und bald schon fuhren wir in den Ort ein. Ich kann leider überhaupt nicht sagen, wie Orte und Seen heißen. Das nervt mich ein wenig. Meine Berichte schreibe ich offline und kann nicht in Karten nachlesen, wo wir wann gewesen waren. Vielleicht hole ich das zu einem späteren Zeitpunkt nach. Gegenwärtig würde ich jedes meiner Foto betiteln mit „SIC“. Das bedeutet so viel wie „somewhere in Canada“.

Ein Paket geht nach Wien

DSC04468Hier gab es alles. Ein Postamt, einen Supermarkt und windige Hütten, wo man Kaffee trinken konnte. Da das Postamt noch zu hatte, gingen wir zuerst zum Supermarkt und kauften ein wenig für unterwegs sein. Nach insgesamt 90 Kilometern käme noch eine Stadt, in der wir uns dann einkaufstechnisch für den Rest des Tages und für morgen ausstatten würden. Die beiden Freunde genossen WLAN beim Supermarkt und ich ging zum Postamt, das soeben geöffnet hatte.

Meinen Lieben zuhause wollte ich einen handschriftlichen Brief schreiben, um nicht immer nur zu mailen. Old fashioned. Schön wäre das gewesen, nur ging es sich nicht aus. Keine Zeit in dieser kurzen Pause und dann ging es am Postamt auch irgendwie ratz fatz. Ein gepolstertes Riesenkuvert wurde von mir erstanden und darinnen alles verstaut. Das war nicht wenig. Mit Müh und Not ging es zu. Dann musste ich noch diverse Formulare ausfüllen betreffend Inhalt und Wert. Die Dame am Schalter war sehr nett und hilfsbereit. Zwischendurch wollte sie alles Mögliche zu unserer Tour wissen. Eine Kollegin sah aus dem Fenster, erblickte meinen Roller und fiel in ungekünsteltes Riesenerstaunen. Da rief sie die nette Dame zu sich, die dem Ruf folgte und das Erstaunen teilte. Ich zahlte stolze 90 Dollar. Wahnsinn!! Aber ich hatte keine Wahl. Das Zeugs musste zurück nach Wien. Ich würde sonst nicht glücklich hier. Endlich bekomme ich wieder alle Taschen zu und das morgendliche Packen würde schneller gehen, ausserdem gewinne ich Volumen für Essens- und Trinkware. Ganz, ganz wichtig.

Ich rollerte zu meinen Spezis. Was war das? Chuck Jelen ließ sich viel, viel leichter treten und lenken! Die 90 Dollar machten sich ganz unmittelbar bezahlt. Keine Ahnung, wie schwer das Paket war, aber viel mehr als 1,5 Kilo werden es nicht gewesen sein. Die spürte ich jetzt aber ganz ungeheuerlich. Ein Traum! Hiermit lerne ich für die Tourenfahrer-Zukunft: Knausrig sein beim Einpacken. Jedes Mehr-Gramm ist spürbar störend. Das kann man sich gar nicht so recht vorstellen. Natürlich würde ich nach ein paar Kilometern den Vorteil dieser Gewichtsreduktion nicht spüren, doch werde ich mich immer, wenn es bergauf schwerer gehen wird gerne daran erinnern, um wie viel es schwerer wäre mit den 1,5 kg mehr in den Taschen.

Kaffee und Kanada-Fahne

DSC04469Wir gingen nun auf einen Kaffee in so eine Art Souveniershop. Wie immer trank Josef keinen Kaffee, dafür quälten sich Frederic und ich ab mit knallheißem Kaffee in Riesenbechern. Da es ein Kitschladen war, schauten wir uns auch gerne die Ware dort an. Ich erstand eine kleine Kanada-Fahne um zwei Dollar. Die würde ich mir dann gerne am interen Kotfügel befestigen.

Da der Kaffee so heiß war, saßen wir noch ein geraumes Weilchen auf der Mini-Terrasse des Ladens und ließen uns gerne auch gemeinsam fotografieren. Wir nützten die Zeit des Wartens bis zur Trinkbarkeit auch damit, uns einzucremen. Zwischenzeitlich war es richtig heiß geworden. Eigentlich ein Badetag heute. Der Kaffee war dann seitens der Temperatur trinkbar. Vom Geschmack her: naja. Zwischen den beiden Kaffeetrinkern ist es schon ein Running Gag, dass wir jeden Kaffee als den besten überhaupt loben. So auch diesmal.

Auf die Autobahn

Weiter ging es. Die Pause hatte wirklich lang genug gedauert diesmal. Wieder ging es auf die Autobahn. Diese sollte unser Bruder sein für den ganzen Tag. Baulich gesehen war diese Autobahn sehr schön. Bei uns würde man das gar nicht Autobahn nennen. Einspurig mit einem Pannenstreifen, der eigentlich ein Radfahrstreifen ist, keine Leitplanken und auch keine Betonsockeln am Rand und dann auch nur eine doppelte Sperrlinie in der Mitte zur Abgrenzung zum Gegenverkehr. Irgendwie war man da trotzdem in der Natur. Dies nahm ich geruchlich sehr stark wahr. Manchesmal duftete es sehr stark nach Blüten, die ich jedoch nie sah. Sie mussten sich sehr verstecken. Dann duftete es sehr stark nach Kuhscheiße. Dies war, wenn wir durch eine morastige Gegend fuhren. Vielleicht waren es sogar Sümpfe. Für mich sah es jedenfalls so aus. Wenn ein Holztansporter an uns vorbeizischte, lag der Duft frisch geschlägerten Holzes noch für gut zwanzig Sekunden in der Luft.

DSC04471Unser Reiseschnitt der Nettofahrzeit pendelte zwischen 19,4 und 19,5 km/h. Das ist immer noch sensationell hoch, wenn man sich das Gesamtgewicht eines jeden Rollers ansieht. Irgendwann ertappte ich mic dabei, auf Englisch zu zählen. Beim Tretrollern bin ich einer, der Schritte zählt im Kopf, immer bis acht und dann ist Fußwechsel. Wie verrückt ist das dann, jetzt Englisch zu zählen? Manchmal führe ich jetzt auch kurze Selbstgespräche auf Englisch. Echt komisch. Wir reden gar nicht so viel miteinander. Offensichtlich liegt es schlicht daran, dass ich mit niemandem Deutsch rede. Selbst das viele Schreiben des Blogs reicht nicht aus, um in Selbstgesprächen bei der Muttersprache zu bleiben.

Raststation und „Canadian Pacific“

Bei Kilometer Nummer 52 nahm ich den allerersten Schluck Wasser zu mir. Das ist ja auch verrückt! Okay, Flüssigkeit nahm ich auf beim besten Kaffee der Welt. Aber trotz der vielen Kilometer bei zunehmender Hitze erst jetzt ein Schlückchen zu trinken ist sonderbar. Der Körper verlangte es offenbar vorher nicht. Ich schlug dann vor, in 10 bis 15 km eine Pause einzulegen. Das wurde gerne angenommen. Ziemlich pünktlich in diesen Streckenbereich fiel dann eine groß angekündigte Raststation. So Ankündigungen sind hierzulande selten. Wir bogen ab. Sehr zivilisiert war hier alles mit schönem Rasen und sehr gepflegt. Raststationen sind hier sehr anders als bei uns. Es war einfach ein Rasenplatz mit fünf oder sechs Tisch-und-zwei-Bänke-Einheiten, einer großen Anlage mit Toiletten und irgendwo versteckt ganz hinten ein Häuschen, wo man Getränke und Eis kaufen konnte.

DSC04474Uns zog es in den Schatten des Häuschens, da alle Tische in der spätmittäglichen Sonne waren. Dort pflegten wir unser Mitgebrachtes einzunehmen. Eine Dänische Delegation von was auch immer krachte in das Häuschen ein. Sie erfrischten sich an Eis. An unseren Rollern waren sie freilich auch hochgradig interessiert. Das Häuschen war auch ein Souveniershop. Das Thema hier war „Canadian Pacific“. Eine historische Eisenbahnstrecke von 1885. Originale Schienen waren ausgesellt und alte Zeitungen im Nachdruck gab es zu kaufen. Gerade als ich vom zweiten Brot abgebissen hatte, kam ein Donnergroll auf und hinter uns fuhr ein Zug vorbei. So starke Vibrationen hatte ich noch nie gespürt. „Jetzt fahren die nur für Touristen mit dieser alten Bahn“, dachte ich. So war es aber nicht. Diese Canadian Pacific fährt auch heute noch, eine Diesellok vorne, eine in der Mitte und eine am Ende, insgesamt unglaublich viele Transportwagons.

DSC04475Der Bahntrasse dieser Canadian Pacific folgten wir bis zum angepeilten größeren Ort bei Kilometerstand 105. Es war dies Revelstroke (wobei ich auch hier googeln muss!). Der Weg entlang der Bahn war toll. Alles hier war sehr bergig. Die Gipfel der ferneren Berge waren schneebedeckt. Tunnel gab es keine. Die Autobahn wandte sich entlang der tiefsten Stellen zwischen den Bergen. Als klassisches Tal würde ich das nicht bezeichnen. Die Autobahn orientierte sich an der Bahn. Immer wieder fuhren Züge in beide Richtungen. Echt etwas los hier. Schwarze Wolken zogen auf. Wir kehrten in ein nahes Restaurant an einem See ein. Dort schlugen wir zu uns aßen Hamburger und Pommes Frites. Auch tranken wir jeder mindestens zwei Gläser Wasser. Der Regen war stark, verflüchtigte sich aber auch sehr schnell. Wir warteten noch auf das Trocknen der Straße, denn wir wollten nicht unbedingt von der Trucks angespritzt werden. Überraschend schnell war es sehr trocken. Die Reise ging weiter.

Revelstroke

DSC04477Bald waren wir in Revelstroke. Ein nettes Städtchen. Hier schneiten wir rein bei „save on foods“, unserem Lieblingssupermarkt. Kaum kommen wir in die Nähe dieses Marktes, piept auch schon mein Handy auf. Es verbindet sich automatisch mit dem WLAN. Irgendwie fühlt man sich zuhause angekommen, wenn man sich „save on foods“ nähert. Josef ging zuerst einkaufen und wie beide warteten draußen, die Roller bewachend, aber in erster Linie nachschauend, was es in der Welt Neues gäbe. Dann wurde getauscht und Frederic und ich deckten uns mit Essen ein. Danach waren wir kurz an der Hauptstraße und wurden von einem Deutschen Paar angesprochen. Die Frau kommt sogar aus Österreich, lebt aber schon lange in Deutschland. Sie sind Wanderer und schwärmten uns vor wie toll die Rocky Mountains seien. Jasper und Banff seien einfach absolut top, für jeden Besucher, aber ganz besonders für Wanderer. Uns bleibt leider nur ein halber Tag Banff. Jasper liegt nicht auf unserer Route.

In der Bärengegend

DSC0449735 Kilometer lagen noch vor uns. Der Zielort für den nächsten Tag wäre Golden. Zwischen Revelstroke und Golden gab es keinen Ort und nur einen einzigen Campingplatz. Zu dem mussten wir nun. Die Berge und Täler waren schon im Schatten, nur die höchsten Gipfel waren sonnenbeleuchtet. Mindestens 300 Höhenmeter wären es noch. Es begann mit einem längeren Anstieg und die Geschwindigkeit sank drastisch. Die Ankunftszeit würde sich wohl sehr in den frühen Abend schieben. Stechmücken machten uns zu schaffen. Die Biester hier sind sehr groß und hartnäckig.

Neben der Straße im Wald knisterte es immer wieder. Wir sind nun definitiv in einer Gegend, wo Bären keine Seltenheit sind. Überall sieht man Bären abgebildet, in der Werbung, in Statuen, in Verzierungen jeder Art. Die Leute hier sind stolz auf ihre Bären, zugleich fürchten sie diese auch. So ähnlich erklärte es mir die Dame am Postamt heute. Ziemlich sicher waren es andere Tiere, die hier im Wald knacksten. Dieses Knacksen begleitete uns viele Kilometer.

Dem Campingplatz entgegen

Irgendwann wurde es wieder flacher, meist gab es Gegenwind und müde waren wir auch schon alle. Ich kann nicht sagen, dass der letzte lange Abschnitt eine Quälerei war. Sicher ist, dass es wenig Spaß machte und wir uns alle nach einem Bett sehnten. Mich quälte hingegen das Verlangen nach einer Toilette. Natürlich hätte ich auch in den Wald gehen können. Aber das Knacksen! Glücklicherweise kam ein Rastplatz mit Toiletten. Es war schon sehr dämmrig. Die Hütte mit den Toiletten hatte kein Licht installiert. So leuchtete ich mir den Weg mit der Handy-Taschenlampe hinein. Es war ein Plumpsklo! Naja, besser als nichts. Eine Möglichkeit zum anschließenden Händewaschen gab es nicht. So nahm ich meine Feuchttücher. Sorry, eigentlich wollte ich keine Toilettengeschichten mehr erzählen, aber die war einfach notwendig.

Gewichtsreduziert ging es weiter und gerne erinnerte ich mich an die Erleichterung beim Postamt. Nach 145 km waren wir wirklich am Ziel. Irgendwie mit Hot Springs heißt der Campingplatz, der auch kleine Hütten zum Übernachten bietet und vor allem ein Swimming Pool hat. Gemeinerweise war es innerhalb des Platzes ein ganz arger Aufstieg zum Office. Wir waren schon ziemlich ermattet, gaben aber alles, um vor den Campinggästen nicht wie Schwächlinge auszusehen und kickten die argen Steigungen hoch.

Eine Pizza und ein Blockhaus für uns

Ein Häuschen wollten wir haben für eine Nacht, ohne Poolbenützung. 190 Dollar plus Steuern. Das war nun doch zu viel. Dann würden wir zelten für 45 Dollar. Bären gibt es hier. Alles Essen müsse man in dafür vorgesehenen Kästen versperren. Einen Zaun um den Platz gab es nicht. Ein wenig gruselig, aber machbar. Schlimmer war das Wetter. Regen zog auf, richtiger Regen. Nein! Im Regen zelten und dann die nassen Zelte einpacken und womöglich im Regen morgen 100 km kicken und 1200 Höhenmeter? Wir entschieden uns dafür ein Haus zu nehmen. Ich weiß nicht wie Josef es machte, aber wir zahlten nur 120 Dollar, wahrscheinlich weil wir ein Haus mit nur Matratzen bekamen, da wir ja Schlafsackschläfer sind.

Als Frederic und ich auf Josef draußen warteten, rief uns jemand zu, ob wir deren Pizza essen wollen. Der Mann war von einer vierköpfigen Gesellschaft, die nicht fertiggegessen hatten. Zwei Teller hatten sie mit je einer halben, nicht angerührten Pizza. Dankend lehnten wir ab. Oder findet man in Kanada nichts dabei von anderer Leute Teller zu essen? Der Hunger überwand und wir nahmen dankend an. Ein Sackerl Chips ließen sie uns auch noch über. Josef kam nun auch dazu und so nachtmahlten wir hier. Die Pizza schmeckte ausgezeichnet gut und das sage ich nicht weil der Hunger die Geschmacksnerven lahm gelegt hätte.

Da begann es schon zu tröpfeln, zu regnen und richtig zu regnen. Wir rollerten zu unserem Haus, das gar nicht so leicht zu finden war. Ein nettes Blockhaus mit Veranda. Morgen werde ich es fotografieren. Jetzt war es schon zu dunkel. Groß war die Hütte nicht, aber voll zum Schlafen optimiert. Fix in das Haus eingebaut waren zwei Stockbetten mit Kingsize unten und Queensize oben. Das heißt, im Extremfall hätten hier zehn Leute schlafen können, wirklich bequem wäre es für sechs und für uns drei war es der volle Luxus. Naja, Luxus. Ein kleines Waschbecken, immerhin mit Warmwasser, und eine Wassertoilette gab es noch. Strom auch. Hier stürzten wir uns gleich über alle Steckdosen und luden unsere diversen elektrischen Verbraucher auf. WLAN gab es im gesamten Areal nicht. Was aber viel schlimmer war: wir konnten nicht mehr duschen gehen. Duschen geht hier nur bis 21:00. Echt ärgerlich! Sonnencreme dick aufgetragen und daran klebend der Schmutz der Straße, klebrig und eben dreckig. Da ich heute wieder mit Sandalen fuhr, waren meine Füße extrem schmutzig. So wusch ich Füße und Beine im Waschbecken. Halbsauber kletterte ich nach oben, da das obere Bett mein Domizil war. Bis Mitternacht tippte ich noch. Die beiden anderen schliefen schnell ein. Vor den Bären waren wir supersicher. Türen und Fenster sind sehr massiv hier. Das Haus an sich schien mir nicht so massiv. Das Plätschern des Regens hörte ich hier oben überdeutlich. Mein kleines Mini-Lämpchen drehte ich dann ab, fuhr den Laptop herunter, stellte den Wecker auf 6:00 und kroch in meinen Schlafsack, erstmals mit Innensack. Nach nur einer Minute wusste ich die Vorzüge des Innensacks zu schätzen. Wohlig warm und trocken hat man es da. Kuschelig, besser als in einem normalen Bett. Sofort war ich eingeschlafen.

 

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3 Kommentare
  1. Avatar
    Harald W.A. sagte:

    Hi!
    Ich hoffe, Du siehst diesen Sommer genau so viele Bären wie ich: 0. Die Angst davor treibt Dich ja in arge Plumpsklos.
    Tolle Fotos, vor allem den Doppeldeckerzug finde ich toll. Weiter soll alles so super laufen.

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  2. Avatar
    Robert H. sagte:

    Dieses wunderbare Thema, welches mit der Querflöte beginnt, dann von der Oboe übernommen wird, zurück zur Querflöte um dann von den Violinen aufgegriffen zu werden….
    Ja, es ist die Morgenstimmung aus Edvard Griegs Peer Gynt Suite….

    Ich hoffe, dass du keine Situation erlebst bei der dir „In der Halle des Bergkönigs“ einfällt 😉

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    • Guido Pfeiffermann
      Guido Pfeiffermann sagte:

      Großartig beschrieben. Requiem sollte mir auch keines einfallen… 🙂 Mir fiel dann „There Must Be More To Life Than This“ von Michael Jackson ein und anschließend „Old Time Rock & Roll“ von Bob Seger ein. Keine Ahnung, was mir das sagen will…

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