Auf nach Thunder Bay in mehreren Etappen. Schauen wir, wie weit wir kommen. An diesem trüben Tag waren Supermärkte geschlossen. Wir kamen trotzdem zum Einkaufen, kamen auch ein wenig in den Regen und mussten ziemlich überraschend wild campen und uns stürmisch einregnen lassen.
Galerie
Statistik
Zelte im Zimmer
Bis 0:30 war ich im schwülen, stickig heißen Badezimmer und schrieb. Das mache ich, um die Burschen nicht im Schlaf zu stören. Sie haben es finster und leise. Einmal war es aber für mich laut. Sie hatten offenbar Probleme mit den Moskitos. Nun wunderte ich mich sehr als ich zu meinem Bett schlich, geleitet von einem sehr kleinen Flackerlicht meines Reserveakkus. Die Kollegen hatten sich die Innenzelte aufgebaut und schliefen darin, mitten im Zimmer. Die dünnen Netze schützten sie vor den Moskitos. Ich ging ohne Zelt schlafen und schlief ganz gut.
Am Morgen dann neuer Rekord. Um 6:00 sollte Abfahrt sein und um 06:00 war sie auch. Ich war um 05:50 vor der Türe mit dem abfahrbereiten Roller. Da wunderte ich mich selbst. Ein stimmungsvolles Foto vom Sonnenaufgang schoss ich, mit dem schattenbildartige Chuck Jelen im Vordergrund. Josef inszenierte seinen Roller mit der Kanada-Fahne und unserem Logo drauf.
Schrecklicher Unfall
Wir fuhren los und beim ersten Ufer des Sees mussten wir gleich Sonnenaufgangsfotos schießen. Nach sehr kurzer Zeit der Fahrt richtung Tunder Bay, wo wir in drei Tagen sein wollen, kamen wir zu einem Truck, der mit den Rädern nach oben auf und neben der Autobahn lag. Die Straße war bereits abgesperrt. Das Führeraus war komplett zerdrückt. Ich fürchte, der Fahrer hatte nicht überlebt. Schlapfen, Essen und Trinken lagen auf der Fahrbahn. Ich nehme an, der Mann ist eingeschlafen und fuhr dann gegen den angrenzenden Felsen, wodurch es den Truck aushebelte und umdrehte.
Kein schöner Anblick. Dennoch schossen wir sensationslüstern Fotos aus nächster Nähe. Ein Sicherheitsmann scheuchte uns weg. Es könnten Flüssigkeiten austreten und dies sei sehr gefährlich. Stimmt! Wir entfernten uns und fuhren weiter. Mir fällt auf, dass dies der erste Unfallwagen war hier und mir fällt auch auf, dass die Autos hier so gut wie keine Blechschäden haben. Offenbar passen hier alle sehr gut auf. Oder aber alle Autos sind sehr neu. Nein, die fahren anders. Da passiert normal nichts. Die Autos, ob jung oder alt, sehen ziemlich makellos aus. In Palermo hingegen machst du dich schon verdächtig, wenn nicht mindestens ein Außen-Rückspiegel abgerissen ist.
Feiertag, Shops geschlossen
Nach 60 Kilometern erreichten wir Vermilion Bay. Das war die erste größere Stadt, wobei wir hier von 1300 Einwohnern sprechen. Hier sollte unser eigentliches Frühstück stattfinden und vor allem mussten wir für diesen Tag und auch ein wenig für den nächsten einkaufen. Hunger. Wir bogen vom Highway nach rechts ab in den Ort. Leicht bergab ging es. Gemütlich im aufrecht Stehen fuhren wir zum einzigen Supermarkt. Zu! Er hatte geschlossen. Da fiel Josef ein, dass in Kanada aßen heute Feiertag war wie immer am 1. August. Da sind sogar große Supermärkte zu, auch Restaurants machen nicht auf. Montag war jetzt und es war klar, warum man auf den Straßen gar so viele Wohnwägen, Wohnmobile und sonstige Freizeit-Fahrzeuge sah.
Und wir? Wir fuhren zunächst zum See, der die Attraktion des Ortes ist. Heute zeigte er sich nicht sehr attraktiv. Es war ziemlich bewölkt, schon die ganze Zeit und in weiterer Folge den ganzen restlichen Tag. Nun fuhren wir wieder zurück zum Highway, ein ganz kleines auf eben diesen zurück zu einer Tankstelle, die offen hatte. Der Tankstelle angeschlossen war ein kleiner Shop. Hier kauften wir ein für das Frühstück und vielleicht auch ein bisschen mehr. Der nächste Ort käme dann nach 55 km und der wäre größer. Die Chancen waren gut, dort richtig einkaufen gehen zu können.
Essen an der Tankstelle
Wirkliches Essen gab es an der Tankstelle nicht, mit Ausnahme von Sandwiches in einer gekühlten Vitrine. Obst gab es auch nicht, nur die obligaten Unmengen an Chips und artverwandtem Knabberzeugs und dann Süßigkeiten. Ich schnappte mir verschiedene Kuchen, eine Flasche sehr kalten Erdbeersafts und einen Becher Kaffee. Die Kameraden schlugen bei ähnlich merkwürdigem Zeugs zu. Danach saßen wir draußen auf Steinbänken und futterten. Drinnen, obwohl es verschiedenste Kaffeemaschinen mit Selbstbedienung gab, gab es weder Tische noch Sesseln.
Ich merkte schon beim Essen wie mir dieses nicht gut tat. Viel zu viel Zucker auf einmal. Da half nicht einmal der ungezuckerte Kaffee zum Verdünnen der Magenbelästigung. Der Erdbeersaft war auch nicht frei von Zucker. Sandwiches wären wohl die bessere Wahl gewesen. Doch sahen diese auch nicht so attraktiv aus.
In dieser Pause cremte ich mich nicht mit Sonnenschutz ein. Für gewöhnlich mache ich dies in der ersten Pause. Heute aber war es so bewölkt und auch frischer, dass ich mit dem Cremen lieber warten wollte. Wir fuhren also los. Sehr bald fiel ich zurück. Da musste ich mich gestern wohl getäuscht haben mit meinem höheren Puls oder der Auswirkung des Ruhetags. Es war alles wie gehabt. Ich kam nur schwer auf über 100 Schläge je Minute und fuhr so um die 15,5 km/h. Da schlug ich vor, die Burschen mögen einfach losfahren und wir träfen uns dann spätestens in Dryden, dem Ort mit mehr Einwohnern und hoffentlich einem offenen Supermarkt.
Schwäche und Müdigkeit
Ich sinnierte über das Langsamsein. So hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Ich bummelte dahin wie ein unsportlicher Sonntagsfahrer. In einer gewissen Weise bin ich schlecht vorbereitet für Crossing Canada und das merkte ich erst jetzt. Das Krafttraining fehlte. Eindeutig. Da hatte ich die Belastung falsch eingeschätzt, dachte, es gehe nach drei Wochen genauso locker wie zu Beginn.
Was aber wiederum angenehm war: ich strengte mich kreislaufmäßig nun gar nicht an. Nur schneller fahren ging nicht, da meine Beine streikten. Sie taten nicht weh. Das Ganze war physisch überhaupt keine Qual. Als Kamerad war es mir unangenehm, denn selbst wenn ich wollte, konnte ich kein kleines bisschen schneller fahren. Wie verhext war das. Hinzu kamen heute aber ein echter Schwäche-Anfall, wie ich ihn auch aus dem Alltag kenne. Bei manchen Speisen passiert mir das. Dann wird der ganze Körper augenblicklich schwach und müde. Beherrschbar ist dies nur durch Nachgeben. Das heißt, wenn icähth mich hinsetze, besser noch, wenn ich mich hinlege, ist nach 15 Minuten der Spuk vorbei. So musste ich eine Pause machen.
Heiß war es mittlerweile, denn die Sonne blitzte immer wieder durch Wolkenfenster. Da brauchte ich nun einen Schatten. Gar nicht so einfach. Schließlich fand ich eine längere Auffahrt zu einem Haus. Links und rechts davon waren die Wiesen gemäht, an der rechten Seite waren mehrere hohe Bäume, die riesig Schatten spendeten. Magendrücken hatte ich jetzt auch. Ah, das alles war von dem vielen Zucker. Chuck Jelen legte ich ins Gras und dann wankte ich zum Schatten. Im Schatten konnte ich nur schwer bleiben. Moskitos gab es hier von der üblich aggressiven Art. Hinsetzen unmöglich.
Wir sind eine lokale Berühmtheit
Zurück in die Sonne, wo sich Moskitos nicht gerne herumtreiben. Hier war es heiß. Zu Sitzen gab es auch nichts. Ein Dilemma. Aus einer Art Beschäftigungstherapie band ich mir die Schuhe neu, da die Bänder irgendwie locker waren. Da merkte ich aus den Augenwinkeln heraus, dass sich vom Haus ein Elektrofahrzeug näherte, ähnlich einem Golfcart war es, nur viel geländegängiger, optisch zumindest. Der Hausherr höchst persönlich war gekommen. Ein sehr freundlicher Herr Anfang 50.
Er hatte uns drei gestern in Kenora gesehen und er wusste, dass die Reise von Vancouver nach Quebec ginge. Wir sind also kleine Berühmtheiten hier. Witzig. Er war sehr interessiert am Roller und an unserem Vorhaben. Zwei große Berge kämen noch bis Quebec. Das erzählten uns andere auch schon. Ich erwähnte, dass mir Steigungen wenig ausmachen, da ich aus Österreich komme. Oh, seine Eltern kommen beide aus der Schweiz. Da waren wir uns plötzlich sehr nahe. Eine Großkusine sei letzten Sommer hier gewesen. Sie ist Schweizerin und konnte nicht fassen, wie unglaublich groß hier alles an Distanzen sei. Man setzt sich ins Auto und braucht drei Stunden zur nächsten Stadt und wenn man wirklich wohin will, braucht man 24 oder 36 Stunden mit dem Auto.
Das Gespräch überbrückte meine Wartezeit, auch wenn ein unbeschwertes Liegen im Schatten das Allerbeste gewesen wäre. Verabschiedung und weiter ging es. Mit Josef war ich via SMS in Kontakt. Die beiden mögen sich keine Sorgen machen um mich. Er schrieb mir nach einer geraumen Zeit, dass sie schon in Dryden seien und im ersten KFC der Stadt auf mich warten.
Treffpunkt und Hamburger essen
Die letzten Kilometer waren für mich mühsam, denn zum leichten Gegenwind gesellte sich eine nicht enden wollende Steigung, eh keine wilde, aber nach 115 km, Muskelmüdigkeit und Gegenwind war das echt nicht lustig. Immer wieder gab es Sonne. Meiner Haut machte diese aber nichts. Auffallend im Negativen ist eine Papierfabrik, aus deren Schloten es saftig qualmte und es duftete nicht gut hier. In Verbindung mit dem doch sehr wolkengrauen Himmel ergab das kein schönes Bild. Ja, es war die hässlichste Ortseinfahrt bis jetzt.
Da sah ich auch schon Frederics Roller angelehnt. Ich parkte Chuck Jelen neben seinen. Handy, Lesebrille, Geld. So ging ich in das Lokal. WLAN funktionierte offenbar, denn beide waren sehr mit ihrem Handy beschäftigt. Josef war noch am Fertigessen. So lange waren sie also noch nicht hier. Ich ging nun Beute holen. Ich hatte Hunger. Vor mir waren zwei junge Damen mit Extrabestellungen. Das dauerte ewig. Als ich dran war, dauerte es auch ewig. So ein extra umständlicher Fast Food Laden! Zwar wurde alles frisch zubereitet, doch sooo umständlich. Ich kann da jetzt gar nicht im Detail beschreiben, was da alles falsch lief. Beispielsweise wurde das fertige Essen durch eine Öffnung in der Wand gereicht. Von dieser Öffnung gab es die einzige Arbeitskraft vom Frontbereich, nämlich eine knapp 70-jährige Frau, weiter zum Kunden. Dies ging aber nur, wenn sie Zeit dafür hatte, denn sie nahm auch die Bestellungen auf und kassierte.
Irgendwann hatte ich was ich wollte, nämlich einen Barbeque Burger mit Pommes Frites und Cola. Nach dem Essen wollte ich mir die Hände waschen. Ja, ja, man wäscht sie die Hände vorher. Da musste ich mich aber anstellen und anschließend überfiel mich die Gier. Also, Händewaschen jetzt. Ging nicht. Die Herrentoilette war versperrt und ein Zettel verwies darauf, die Damentoilette zu nehmen. Die Damentoilette war von innen versperrt. Aha, da gab es also keinen Vorraum mit Waschbecken und nur einen kleinen Raum mit Klomuschel und Waschbecken. Sehr sonderbar für ein Restaurant. So ließ ich es bleiben und wischte mir am Display meines Handys die Finger sauber.
Offener Supermarkt
Gemeinsam fuhren wir dann zu einem Supermarkt. Es gab sogar zwei große, die offen hatten. Einer war Walmart, der andere ExtraFoods. Wir nahmen zweiteren, denn Walmart hatte mitunter kein Obst. Hier kaufte ich groß ein. Zu meinem Glück gab es endlich wieder einmal Vanille Pudding. Gibt es echt selten. Während der Fahrt freue ich mich immer auf Vanille Pudding als Belohnung. Nun gab es also welchen. Obst kaufte ich in Mengen und dann noch Brot und Salami.
Als wir draußen waren begann es zu regnen. Nur eine kleine schwarze Wolke. So warteten wir nur drei oder vier Minuten. Eine Dame, die mich fotografieren sah, riss sich regelrecht darum, uns mit meiner Kamera zu fotografieren. Gerne! Ich finde, es gibt eh viel zu wenig Bilder mit uns Dreien zugleich drauf. Auch in diesem Supermarkt wurden wir auf unsere Fahrzeuge und unser Vorhaben angesprochen. Es ist echt unglaublich, wie hier Menschen ungebremst auf einen zugehen. Macht Spaß.
Quartiersuche
Weiter ging es mit unbestimmten Ziel. Einfach fahren so weit wir kommen und dann würden wir schon ein Motel oder einen Campingplatz finden. Bei Kilometer 128 begann dann sehr plötzlich ein richtiger Regen. Ziemlich schnell waren wir alle angemessen bekleidet. Diesmal war ich sogar der Schnellste. Wäre es nach mir gegangen, hätten wir stehend einfach gewartet. So würden nicht sofort die Schuhe und Socken nass sein. Frederic war aber schon am Weg und so zog ich nach. Ich sah, wie es vor uns hell war und die Regenwolke nach links zog. Bei Kilometer 130 war die Straße trocken und der Regen vorbei. Bald schon zog ich das Regenzeugs, unter dem man so schwitzt, aus. Wenig später bog Josef in einen links liegenden Rastplatz ein. Dieser lag an einem See und war sehr gepflegt. Hier wollte Josef übernachten. Ja, echt tadellos, wäre da nicht das große Verbotsschild gewesen, dass zwischen 21 Uhr und 6 Uhr das Campen verboten wäre.
Der Himmel sah nach Regen aus. Eine gar grässliche Vorstellung, wenn wir wieder in der Nacht aus den Zelten gerissen würden, diesmal von echten Polizisten und diesmal mit echtem Regen und keine Idee, wohin wir sollten. Da Frederic und ich gegen das Campen hier waren, war Josef überstimmt und wir fuhren weiter.
Sehr wenig später fuhr Frederic zu einem Pärchen im Großelternalter, die uns entgegenkommend angehalten hatten mit ihrer fetten Harley um eine kurze Pause zu machen. Ob es Campingplätze gäbe, wollte Frederic wissen. „Oh, a lot“, war deren Antwort. Das stimmt zuversichtlich und so fuhren wir.
Gute fünf Kilometer ging das so. Kein Campingplatz in Sicht und auch kein Hinweis durch Werbetafeln, wie sie immer wieder mitten in der Landschaft stehen. Klar, die fuhren mit der Harley drei Stunden und sahen 5 Campingplätze, also „ a lot“. Bei 100 km/h am Highway heißt dies, 300 km und 5 Plätze, also alle 60 Kilometer einer. Danke! Das sind drei Stunden. Es war nun auch schon später und dunkle Wolken brauten sich zusammen.
Zeltplatz zum Wildcampen
Frederic fand auf die Schnelle einen guten Zeltplatz, etwa 100 Meter vom Higway entfernt, sehr uneinsichtig. Dort bauten wir uns schnell auf und gerade als alles ins Zelt geräumt war, nahm der Wind ganz gewaltig zu und es begann zu regnen. Moskitos waren auch ein ganz großes Thema. Immer gleich das Zelt dicht zumachen und dann mit dem Anti-Insektenspray alles einnebeln.
Im Zelt machte ich mir dann irgendwie die Unterlagsmatte kaputt. Ich blies sie zu stark auf, sodass innen einige Teile rissen. Der Erfolg ist, dass sich die Matte beim Kopf wie verrückt aufbläht. Lässt man dann Luft ab, so liegt man hart. Demnach war es eine eigentümliche Nacht. Jetzt aber genoss ich einmal meine vier kleinen Vanillepuddings und aß Brote und Bananen.
Mittlerweile regnete es stark. Ein schönes Geräusch im Zelt. Meine Langarmjacke zog ich mir noch an, verkroch mich in den Schlafsack und ließ mich von den Regentropfen in den Schlaf zählen.
Hallo!
Zufällig las ich vor ein paar Tagen eine Meldung über die Erforschung von Gluten-Unverträglichkeiten von Menschen oh e Zöliakie. Lange wurde bezweifelt, dass es das gibt. Jetzt haben Forscher herausgefunden (ich erinnere mich grob), dass die Symptome durch eine Ganzkörperentzündung kommt, weil die Darmwand für gewisse Stoffe zu durchlässig ist. Das gute: nach wenigen Stunden ist der Zauber vorbei. Nichts ernstes. Warum ich das erzähle?
Das Hauptsymptom war eine schnell kommende Müdigkeit und Körperschwäche.
Gutes Essen und gute Fahrt!
Danke, das klingt sehr interessant und ich gehe der Sache sicher nach. Mein Problem ist ja, dass ich nur einen halben Magen habe und die Darmwände dadurch massiv belastet sind. Gut vorstellbar, dass da zu schnell etwas falsch durch die Darmwände geht. Gutes Essen ist leider Mangelware. Wir bemühen uns…