Jeder weiß, dass es in der Welt des Tretrollersports keine besseren Veranstaltungen gibt als Etappenrennen, sei es auf der Straße oder im Gelände.
Zděnek Černy und sein Team haben 2014, 2015 und 2016 in unnachahmlicher Weise die ersten drei Ausgaben des Etappenrennens „Etapak“ im Nordwesten der Tschechischen Republik als Spin-off der Trainingslager für das legendäre Aktion „Kick France“ erfunden und organisiert. Der Aufwand war wie die Freude der Teilnehmer:innen gewaltig, aber nach drei Ausgaben war die Luft des Organisationsteams raus.
In Anlehnung an diese Serie hat Honza Vlašek 2021 eine Serie von Crossroller-Etappenrennen mit dem gleichen Titel „Etapak“ ins Leben gerufen und damit vielleicht auch das Crossrollern für breitere Schichten bekannt gemacht. Dieser „Etapak“ ist wahrscheinlich auf fünf Veranstaltungen ausgelegt und 2025 könnte diese beliebte und herausfordernde Serie bereits zu Ende gehen.
In der Zwischenzeit setzen Tomaš Hajek und sein Team die Tradition des Straßenetappenrennens fort und organisieren den Zahnfroschcup in den Jahren 2022, 2023 und 2024. – „O poklad zubaté žáby“.
Gemeinsam ist den Veranstaltungen neben dem freundschaftlichen sportlichen Wettkampf auch die intensive soziale Komponente, bei der Freundschaften vertieft werden und alle eine gute Zeit haben.
Miro Oros hat einige Etappenrennen als Teilnehmer erlebt und als erfahrener Organisator von Veranstaltungen für Paraglider hatte er große Lust, sich auch an der Organisation eines Etappenrennens zu versuchen. Mit einem großartigen Team lud er ambitionierte Sportler:innen für drei Tage in die Gegend um Usti nad Labem / Aussig ein, um den Schatz der silbernen Elbe zu suchen. Von Freitag, den 11. Oktober bis Sonntag, den 13. Oktober standen vier Etappen auf dem Programm:
1. Etappe Am Freitagnachmittag ging es in einem längeren Prolog eigentlich nur bergauf: 8,14km / 534hm. Schon auf dieser kurzen Etappe gab es große Zeitunterschiede – von 0:46:43 bis 01:20:59. Damit der kulturelle Aspekt nicht zu kurz kam, besuchte uns am Abend der Historiker und Senator Martin Krsek, der uns die Geschichte von Karl May näher brachte, der einige Zeit in der Gegend verbrachte – mit der Frage, ob die Landschaft vielleicht eine Inspiration für die Landschaften des Romans „Schatz am Silbersee“ war, der die Kindheit vieler Teilnehmer:innen geprägt hat.
2.+3. Etappe Am Samstag standen zwei Etappen auf dem Programm: zunächst 19,69km und 840hm zum Schloss „Velké Březno“. Wie nicht anders zu erwarten, kamen wir mit Schlamm bedeckt an, was dem Schlossherrn vor der Schlossbesichtigung die Tränen in die Augen trieb. Nach Kaffee und Kuchen gab die Bürgermeisterin von Velké Březno den Startschuss für die dritte Etappe – den Weg zurück zum Basislager an der Elbe – allerdings über den „Bukova hora“, mit 684 m ü.d.M. der höchste Punkt des Rennens. Auf dieser Etappe waren 33,51km und 1.170hm zu bewältigen. Um im letzten Teil der Etappe durch die abenteuerliche Schlucht „Rytina“ fahren zu dürfen, musste man vor 17:00 am Eingang sein / danach musste man aus Sicherheitsgründen und wegen der Lichtverhältnisse am Nachmittag im Herbst auf Asphaltstraßen umfahren. Das war auch gut so, denn man konnte nur kurze Strecken wirklich abfahren – oft war es eine Kletterpartie unter und über umgestürzte Bäume. Nach ein paar Saunagängen im nahegelegenen Schwimmbad verbrachten wir den Abend damit, das selbstgebraute Bier von Miroslav Oros zu verkosten und darüber zu philosophieren. Wie so oft bei solchen Veranstaltungen, loderte auch das Lagerfeuer und die Würstchen verbrannten nach Gusto mehr oder weniger.
4. Etappe Die 4. Etappe führte uns über die Elbe nach Westen und nachdem es die ganze Nacht geregnet hatte, waren die Trails noch anspruchsvoller als zuvor. Der Aufstieg zum Wasserfall in Vaňov war sehr rutschig und die Navigation im Wald bereitete uns einige Schwierigkeiten.. Um uns die landschaftlichen Schätze der Gegend näher zu bringen, führte uns Miro um den künstlichen See Milada, zum Fernheizwerk und über einen extremen Anstieg zurück zur Elbe. Ein schmaler Pfad zurück zum Fluss bot spektakuläre Ausblicke – war aber keine angenehme Passage für die Athlet:innen, die mit Schwindelgefühlen zu kämpfen hatten. Die große Herausforderung für alle war, um 14.30 Uhr im Ziel zu sein – denn die Siegerehrung fand auf dem Schiff „Maria“ statt und da wollten wirklich alle dabei sein
Bis alle an Bord des Schiffes kamen, dauerte es doch ein wenig länger – aber diese Leichtigkeit der Organisation macht diese Veranstaltungen aus. Die Zeremonie wurde zu einem Fest für alle, die dabei waren – sowohl Teilnehmer:innen als auch Organisatoren.
Am Start: Martin Kadlec, Ivo Indra, Vašek Bořík Houška, Jarda Hájek, David Pašek, Igor Batka, Martin Šváha, Jindřich Šmíd, Jan Burian, Jiří Ugorný, Franta Rak, Radek Odložilík, Tomáš Hájek, Michal Beckert A Šárka Hollósiová
Für die Organsation: Míra Oros, Viktor Kadeřábek, Míra Rosendorf, Honza Formánek
https://www.tritt.at/wp-content/uploads/2024/10/Screenshot-2024-10-20-144410.jpg8181915David Pasekhttps://www.tritt.at/wp-content/uploads/2016/06/TTVÖ_340x156.pngDavid Pasek2024-10-20 15:00:002024-10-20 16:18:06Poklad na stříbrném Labi / Der Schatz der silbernen Elbe 2024
Der traditionsreiche Frühjahrsklassiker startete wie alle ungeraden Austragungen in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Entschlossen, aber mit etwas Stirnrunzeln beim Blick gegen den Himmel trafen sich die Athlet:innen aus vier Nationen und die Organisatoren am Start. Zděnek Černy hatte wie im letzten Jahr einen großen gelben Reisebus mit Tretrolleranhänger organisiert und das Starter:innenfeld ordentlich gefüllt.
Leider nützt es nichts, sich nur auf die gewogene App zu verlassen und so gab es schon seit Tagen keine große Hoffnung auf eine andere Windrichtung und auch die Windstärke war stärker als erhofft. Ein paar Regentropfen am Start verdarben aber niemandem die Laune und pünktlich um 10:00 Uhr starteten 50 Sportler:innen mit Tretroller und ein paar Begleiter mit Rad Richtung Wien. Bereits an der Grenze bildete sich eine größere Spitzengruppe. Aufgrund von Bauarbeiten musste die Streckenführung in Hainburg heuer etwas angepasst werden und bis zur Sprintwertung teilte sich die Spitzengruppe weiter auf. Schnellster bei den Herren war Roman Matyaš (CZ) vor Jan Ondruška (CZ). Bei den Damen gewann Andrea Zbožková (CZ) vor Miška Rosová (SK).
Bei etwa der Hälfte der Strecke haben wir eine Labestation aufgebaut und als Organisator danken wir sehr der Crew, die das perfekt betreut hat. Dies war Constanze Kutzner, Patricia, Georg und Tobias Kum. Die nur mehr dreiköpfige Spitzengruppe bei den Herren legte allerdings keinen Halt ein und kämpfte beharrlich gegen den Wind an. Die führende Dame, Andrea Zbožková fuhr in einer Gruppe mit Roland Wiesmaier und erlaubte sich mit genügend Vorsprung einen kurzen Halt, die zweitplatzierte Miša Rosová beehrte die Labestation nicht um etwas aufzuholen. Die folgenden Sportler nutzten das Angebot dann aber ausgiebig – auch sie isotonischen Getränke auf Hopfenbasis.
Der Westwind trieb Regenzellen vor sich hin und nur die ersten paar erreichten das Ziel trocken. Danach gab es verschiedene Formen an Niederschlägen – Hagel – inklusive. Manche verzichteten auf Navigation und das wirkte sich dann ungut aus – besonders auf der Donauinsel: Die Spitzengruppe hatte auf der Insel Probleme – und teilte sich unerwartet. Mit etwa drei Minuten Vorsprung in einer Zeit von 2:54:16 wiederholte auch in diesen schwierigen Umständen Jan Ondruška (CZ) seinen Erfolg der vergangen Jahre vor Roman Matyaš (CZ) und Ladislav Madelik (CZ).
die drei schnellsten Männer
3:23:18 brauchte Andrea Zbožkova, vor Miša Rosová (SK) und Martina Kadlecová (CZ).
Die Karenzzeit war heuer schon ein Tick auf 5:15 verlängert worden – aber die Umstände verlängerten die Fahrzeit und so konnten nur 28 Teilnehmer:innen die Vorgabe erfüllen. Die traditionelle rote Laterne hatte bei der siebten Auflage eine ganz neue Bedeutung.
Aufgrund der winterlichen Temperaturen und des Aprilwetters wurde die Siegerehrung unter die Brücke verlegt. Dank der Unterstützer und Sponsoren konnten tolle Preise verteilt werden: YEDOO – beste Tretroller überhaupt keego – beste Trinkflaschen überhaupt Sportique Kagran – bestes Sportgeschäft im Norden Wiens ZCA.cz – beste Reiseagentur im Westen Tschechiens archPASEK – ehh klar https://sportovekolobezky.wordpress.com/prispevky/ bestes Nachrichtenportal zum Tretrollersport in der Slowakei
Zum fünften mal öffnete der Triatlonverein „Tri Runners Baden“ die Veranstaltung „weil ́s ausgfahrn g ́hört“ auch für Tretroller: 9,5km zuerst stetig bergauf – und dann mit einem nochmal schärferem Finale – in Summe 252hm. Für Mitte Oktober war es relativ warm – dafür gab es eine richtig steife Brise als Gegenwind. In der heurigen Ausgabe wares also unmöglich an die Bestzeiten heran zu kommen.
Diesmal stellte sich eine Rekordzahl an Startern der Herausforderung – die Tretrollerfraktion war allerdings überschaubar. In der Startreihenfolge waren die Rollerfahrer ganz unterschiedlich eingereiht – so dass völlig unklar war, wie das Rennen steht. Gerade deshalb gab jeder sein Bestes.
1. David Pašek 2. Niki Haberbusch 3. Gernot Friedl
Wir freuen uns auf die kommende Ausgabe und hoffen auf ein größeres Starterfeld – vielleicht auch mit weiblicher und ausländischer Beteiligung!
by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden by: Tri Runners Baden
Sonntag, 27.8.2023. Wie jedes Jahr Ende August heißt es „Ring Frei“ am Salzburgring. An jenem Tag finden hochkarätige Rennen der Sportarten Inline Skating, Skiroller und Tretroller statt. Wir nennen unser Rennen „Kick the Ring“. Im Zuge dieses Rennens werden auch die Österreichischen Tretroller-Meisterschaften ausgetragen. Der superschnelle Asphalt lockt jedes Jahr neue Fahrerinnen und Fahrer an. Diesesmal ist erstmals auch die Schweiz am Start. Aus unterschiedlichsten Gründen können einige Fixstarter diesmal nicht dabei sein.
Leichter Regen begleitet die insgesamt 16 Tretrollerfahrerinnen und Tretrollerfahrer vom Start bis ins Ziel. Die lange Start-Ziel-Gerade bietet den Unerschrockenen Gegenwind. Nach der ersten von zehn Runden liegt Roland Wiesmaier (GER) vorne, gefolgt von Kamila Šrolerová (CZE) und Thomas Falkner (AUT). In der zweiten Runde legt Thomas kräftig zu und überholt die schnelle Tschechin. An der Spitze ändert sich bis zum Zieleinlauf an der Reihenfolge nichts mehr. Harald Hel (AUT), lebende Legende und Österreichs Tretroller-Pionier, stürzt zu Beginn des Rennens durch eine Unachtsamkeit und verwickelt auch Maximilian Maier (GER) in einen kleinen Ausrutscher. Harry und Maximilan liefern sich bis zur letzten Runde ein ganz spezielles Renn-Duell, das Maximilan für sich entschied.
Zwischen die beiden Kontrahenten platziert sich die schnellste Österreicherin Sonja Falkner. Sonja fährt konstant sensationell schnell und erzielt Platz Zwei in der Damenwertung und wird Österreichische Meisterin. Ihr Vater Thomas Falkner holt den Österreichischen Meistertitel der Herren. Die Familie Falkner ist überhaupt „Abräumer“ in diesem Jahr. Robert Falkner wird Vize-Meister und Sigrid Falkner holt Bronze. Eine Klasse für sich und in seiner Altersklasse leider ohne Mitbewerber ist Valentin Falkner. Der Schüler fährt aufgrund des Reglements nur drei Runden, diese jedoch schneller als viele Erwachsene im Feld.
Daniela Zitzmann, die in diesem Monat den Österreichischen 24-Stunden-Rekord der Damen aufstellte (278 km), platziert sich in der Österreichwertung zwischen den beiden Falkner-Damen und belegt Silber in der Meisterschaft und Bronze in der Internationalen Wertung.
Noch nie in der Geschichte von „Kick the Ring“ war die Rundenzahl je Person höher als bei diesem denkwürdigen Rennen. Die Regeln sehen vor, dass das Rennen die aktuelle Runde fertiggefahren wird, sobald der schnellste Mann beziehunsgweise die schnellste Frau die zehn Runden beendet haben. In den vergangenen Jahren gab es sehr wenige sehr Schnelle, sodass nur ganz wenige Fahrerinnen und Fahrer zehn Runden fuhren. Die meisten fuhren acht oder weniger Runden.
Diesesmal sieht die Bilanz so aus. Von insgesamt 15 Leuten tretrollern neun die vollen zehn Runden, drei rollern neun Runden und weitere drei acht Runden. Wie jedesmal ist jede und jeder stolz auf das eigene Rennen und begeistert von den schnellen Abfahrten und langen Kurven, die man ungebremst und in Aerohaltung fahren kann.
Wir gratulieren herzlichst:
Kick the Ring
Damen
Kamila Šrolerová, CZE. 1:41:23,6 (10 Runden)
Sonja Falkner, AUT. 1:43:53,2 (10 Runden)
Daniela Zitzmann, AUT. 1:48:14,6 (9 Runden)
Herren
Roland Wiesmaier, GER. 1:38:44,0 (10 Runden)
Thomas Falkner, AUT. 1:39:53,5 (10 Runden)
Maximilian Maier, GER. 1:42:37,8 (10 Runden)
Österreichische Meisterschaften
Damen
Sonja Falkner 1:43:53,2 (10 Runden)
Daniela Zitzmann 1:48:14,6 (9 Runden)
Sigrid Falkner 1:45:49,7 (8 Runden)
Herren
Thomas Falkner 1:39:53,5 (10 Runden)
Robert Falkner 1:44:03,1 (10 Runden)
Harald Hel 1:44:04,6 (10 Runden)
Der Lauf- und Tretrollerclub Fraham wird stärker und stärker. Harald Hel ist dem Club beigetreten und man hört, er sei nicht der einzige Neue. Das Tretrollern nimmt Fahrt auf und auch wenn die Teilnehmerzahl bei „Kick the Ring 2023“ nicht so hoch ist, zeigt sich ein Trend nach oben. Der TTVÖ freut sich bereits jetzt auf Kick the Ring 2024 und dankt allen Teilnehmenden und Mitwirkenden, besonders dem Organisator nordic academy e.U. und Gerhard für die großartigen Fotos und Videos.
https://www.tritt.at/wp-content/uploads/2023/08/kickthering2023.jpg8701756Guido Pfeiffermannhttps://www.tritt.at/wp-content/uploads/2016/06/TTVÖ_340x156.pngGuido Pfeiffermann2023-08-30 22:09:302023-08-30 22:16:32Kick the Ring 2023 (ÖM 2023)
IKSA Eurocup / Weltmeisterschaft 2022: Sprint, Staffel und Marathon.
Es war bisher in der Tretrollerwelt klar getaktet: seit 2004 findet in jedem geraden Jahr die Weltmeisterschaft statt – in jedem ungeraden Jahr die Europameisterschaft. 2018 trafen sich die Community zur WM in Looser in Holland – Österreich wurde damals von einem starken Team repräsentiert und viele Sportler:Innen belegten hervorragende Plätze und brachten viele Medaillen mit nach Hause.
In diesem Rhythmus hätte es weiter gehen sollen – aber dann hat ein Virus die Welt aufgemischt und die kommenden Veranstaltungen wurden Jahr um Jahr verschoben. Nun aber doch: vom 15 bis 17 Juli 2022 fand die IKSA Weltmeisterschaft in Pölva, in Estland statt! Die Professionalität der Organisation war ganz außerordentlich aber leider reiste nur eine überschaubare Zahl von Athlet:Innen an. Einerseits ist Estland relativ weit weg von fast überall und andererseits war vielen unwohl, während des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands so nah an die russische Grenze zu reisen.
Aber die, die kamen, erlebten neben den sportlichen Wettkämpfen auch genau die familiär – freundschaftliche Atmosphäre, die unseren Sport auszeichnet. Das Programm ist bekannt: Es gibt einen Sprint, ein Kriterium, einen Marathon und die spektakuläre Staffel.
Die dominierende Nation war Tschechien – die Sportler:Innen reisten gestählt durch die Rennen der traditionsreiche Rolloliga an – und konnten diese Erfahrungen umsetzen.
Im Sprint wurde bei den Damen Andrea Zbožková (CZE) Weltmeisterin und bei den Herren wurde mit mehr als 1,5 Sekunden und einer Zeit von 42,435 Roman Matyáš Weltmeister.
Das Kriterium gewann bei den Herren Tomaš Pelc(CZW) , der auch den Marathon dominierte. Auch bei den Damen wiederholte sich die Dominanz einer Starterin: Petra Fořtová (CZE) gewann auch beide Bewerbe.
Für Österreich ging der Berufsschullehrer und ehemalige Läufer Hannes Stöckl an den Start aller Bewerbe. Auf Basis seiner sportlichen Vergangenheit gehört er zu den ambitioniertesten Vertretern des Tretrollersports hierzulande und seine systematische Vorbereitung hat Früchte getragen – durchwegs erreichte er hervorragende Resultate – in der Marathondistanz über 39km wurde er in der Altersgruppe „Veteran“ sogar Dritter.
„Ich bin sehr dankbar und einfach überglücklich, dass ich viele Hindernisse überwinden konnte und am entscheidenden Wettkampftag, trotz schwieriger äußerer Bedingungen, auch die Leistung auf die Straße bringen konnte“ Hannes Stöckl
Nachdem so viele dieses Fest das Tretrollersports versäumt haben, ist die Motivation hoch, bei den kommenden Veranstaltungen dabei zu sein
IKSA Eurocup / österreichische Meisterschaft 2022 in Salzburg: Sprint, Staffel und Marathon.
Nach der schweren Corona Zeit hat der Eurocup wieder Schwung aufgenommen und besteht 2022 aus rekordverdächtigen fünf Stationen: Begonnen hat der Rennzirkus in Deutschland – in Gelsenkirchen, machte Station im Rahmen der Weltmeisterschaft in Pölva in Estland, in Tschechien in Lipnik nad Bečvou und wird nach dem Halt in Salzburg auch endlich wieder in Italien, in Bibione, ins Finale gehen.
In Salzburg war der Eurocup nach 2017 und 2019 zum dritten Mal zu Gast und das Wochenende wurde zum Fest des Tretrollersports. Die Athleten und Athletinnen kamen aus zahlreichen Nationen – aus Tschechien, Slowakei, Deutschland, Österreich, Frankreich, Kolumbien und als Stimmungskanonen in vielen Altersgruppen aus Italien.
Der Samstag: Sprint
Am Samstag fanden auf der fantastisch erneuerten Leichtathletikanlage in Rif bei Hallein die Sprintwettbewerbe und anschließend die Staffel statt. Das Wetter hielt und die aufziehenden Wolken erfüllten die Sturmwarnung der Vorhersagen nicht. Bei der Erstellung der Rennmodi wurden wir Petr Pešta vom Team PSP Klub koloběh Plzeň gebeten – und so konnten die Sportler jeweils in mehreren Läufen starten als im klassischen Verfahren. Für Dramatik war auf jeden Fall gesorgt – einige Entscheidungen waren sehr knapp – und manche konnten den Sprint auch taktisch anlegen und in Ihrem Finallauf zunächst zurücklagen doch noch gewinnen. Besonders das Finale der Herren in der Kategorie Veteran endete durch einen Sturz von Nicola Zamuner auf den allerletzten Metern dramatisch.
Die schnellste Dame war Kamila Peštová (CZE) mit 0:49.30 und gewann den Finallauf vor Monika Hrachovcová (CZE) und Anne Vanhove (FR) Die schnellste 400m Runde der Herren brannte Krystof Baxa mit 0:44.02 auf den Tartanbelag und gefolgt von Ladislav Bartunek und Jindřich Šmíd, fuhr mit 0:44.02 seine persönliche Bestzeit. Das Finale ging aber etwas anders aus und Ladislav Bartunek gewann den Lauf vor Tomaš Pelc und Jindřich Šmíd.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden auch die österreichischen Sprintmeisterschaften ausgetragen und diese entschied bei den Damen Cinderella Kugler vor Daniela Zitzmann und Sigrid Falkner für sich. Die Herrenwertung ging allesamt an die Familie Falkner: Thomas vor Robert und Valentin.
Auch am Samstag: die Staffel
Wie immer ist die Staffelwertung der spannendste Bewerb für die Zuseher: Gestartet wurde in zwei Läufen – im 3er Team mit dem Roller als Staffelholz für 15 Minuten Teams der Kids und ein Damenteam. 17 Runden gelangen dem Siegertrio (CZE) Jiří Baxa, Juřik und Kamila Peštová, gefolgt von je 16 Runden vom Team (IT-AT) Valentin Falkner, Federico Bellotto und Davide Ceschin und Team (IT) Fabro, Gioia Cendron und Elia Ros.
Zum ersten Mal in der Geschichte des Tretrollersports stellte sich ein österreichisches Damenteam in der Zusammenstellung Sigrid Falkner, Daniela Zitzmann und Cindarella Kugler an den Start dieses Laufes.
An die Startlinie des 20 minütigen Herrenlaufs stellten sich fünf Teams und in einem knappen Duell um den Sieg fuhren (CZE) Ladislav Mandelik, Tomaš Pelc und Ladislav Bartuněk sowie (CZE) Krystof Baxa, Jindřich Šmíd und Petr Péšta. Dritter des Laufs wurde das Slowakisch – Deutsche Trio bestehend aus Dušan Demovíč, Ondřej Torok und Maximillian Maier.
Der Sonntag: Marathon
Der Salzburgring ist eine besondere Location, auf die wir jedes Jahr gerne zurückkehren. Das Profil ist Abwechslungsreich und die Einbettung in die Landschaft ist fantastisch. Mit dem Wetter ist es in Salzburg aber nie ganz so sicher und so war schon am Sonntag in der Früh klar, dass niemand gänzlich trocken durch das Rennen kommen wird. Die Intensität der Niederschläge war wechselhaft aber zum Glück war es nicht ganz so kalt.
Die Schüler (nur männlich Teilnehmer ) und KadettInnen hatten in Ihrem Lauf leider mit dem stärksten Regen kämpfen. Bei den Schülern gewann Tomáš Mořkovský, vor Fillippo Antonio Tineo und Giovanni Cendron. Die Kadettinnen und Kadetten umkreisten den Ring schon dreimal und es gewann bei den Mädchen Kamila Peštová (CZE) vor Gioia Cendron (IT) und Bianca Funke (DE) . Bei den Jungs entschied mit recht großem Vorsprung Jachym Baxa (CZE) den Lauf vor Juřik David (CZE) und Valentin Falkner (AT) für sich.
Alle anderen TretrollerfahrerInnen starten gestaffelt in ein gemeinsames Rennen mit den InlineskaterInnen und SkirollerfahrerInnen. Das funktioniert am Ring sehr gut – die Bahn aus samternem Asphalt ist an der schmalsten Stelle acht Meter breit. Der Regen ließ nach und gegen Ende fuhren wir ein fast trockenes Rennen. Diesen Lauf dominierte bei den Herren Tomaš Pelc, der auch noch eine elfte Runde fuhr, nachdem niemand die Zielflagge schwenkte. Um den zweiten Platz wurde richtig gefightet, mit einem Vorsprung von einer Sekunde erreichte Ladislav Bartunek das Ziel vor Ladislav Mandelik.
In der heurigen Ausgabe des Damenrennes war festgelegt, dass dieses erst zu Ende geht, wenn die erste Frau die volle Distanz erreicht hat. Das gelang heuer Monika Hrachovcová (CZE) vor Cindarella Kugler (AT) Aus Tradition wird dieser Lauf auch als österreichische Meisterschaft gewertet. Bei den Damen ging diese Wertung an Cindarella Kugler vor Daniela Zitzmann und Sigrid Falkner.
Bei den Herren gewann bärenstark Hannes Stöckl vor Thomas Falkner und Guido Pfeiffermann. Gerne würde ich schreiben, dass sich Guido ein Duell mit David Pašek lieferte – aber in echt lag er praktisch immer ganz souverän vorne.
(c) G+D Zitzmann
In Ihrer Kategorie österreichischer Meister wurden auch Valentin Falkner (Kadetten) und Felix Gföllner (Schüler).
So eine Veranstaltung ist auch immer ein Anlass für Begegnung und freuten sich alle, einander zu begegnen, Freundschaften zu pflegen oder zu knüpfen und Lebensfreude zu teilen.
Angesteckt von der Begeisterung der Italiener beschlossen viele spontan auch an der letzten Station des Eurocups in Bibione teilzunehmen.
Besonderer Dank geht an die nordic academy und Markus Förmer für die fantastische und professionelle Unterstützung, an Gerhard Zitzmann für die Audiovisuelle Dokumentation, an Andrea Bošková für das Design der Medaillen und auch an die Gemeinde Koppl für die Unterstützung.
Die längeren
Bewerbe liegen mir ganz einfach sehr. Keine Ahnung, warum. Vom
24-Stunden-Rennen in Kaindorf erfuhr ich eher durch Zufall, etwa sechs Wochen
vor dem Startschuss. Zu dem Zeitpunkt waren meine Knieverletzungen von der Kur
noch nicht ganz abgeklungen und Trainingskilometer hatte ich praktisch null.
Meine Knieschmerzen sind ein Dauerthema. Auf Kur übertrieb ich es wohl an der
Rudermaschine oder am Ergometer. Meine Knie reagieren empfindlich auf zu starke
Abwinkelungen. Tiefe Kniebeuge kann ich schon seit vielen Jahren nicht mehr
machen. Ich fürchtete um einen Meniskuseinriss und fuhr mit dem Roller nur
sanfte Alltagsfahrten, verzichtete auf die Teilnahme an Rennen.
Von einem Tag auf
den anderen fühlte ich mich bereit für ein Ultra-Langstreckenrennen. Die
Knieschmerzen verschwanden ja nicht, doch gab es diesen einen Tag, an dem ich
merkte, es sei insgesamt alles deutlich besser als es schlecht wäre. Eine
zielgerichtete körperliche Vorbereitung auf die 24-Stunden-Herausforderung gab
es eigentlich nicht. Ich fuhr in den letzten beiden Wochen viermal über drei
Stunden in einem Tempo knapp über Renntempo. Die Fahrten waren bei großer Hitze
und mit einigen Höhenmetern. Das war eine gute Simulation der zu erwartenden
Belastungen.
Vorbereitungen
Rundkurs Kaindorf
Einmal legte ich das Training auch in die Nachtstunden, um mich auch daran zu gewöhnen und vor allem, um mein Beleuchtungssystem zu testen. Es ist eigentlich verrückt bei mir. Die meiste Vorbereitung fließt subjektiv gesehen in alles Elektronische und Elektrische. Ich kümmere mich wenig um Trainingsfahrten und um Ernährung schon gar nicht. Auch auf die Technik meines Rollers wird nicht geachtet, auch die Bekleidung ist sehr weit nachgereiht in meinen Vorbereitungen.
Um den 17,9 km langen Rundkurs in Kaindorf so richtig zu kennen, fuhr ich zehn Tage vor dem Rennen in die Oststeiermark und drehte drei Runden. Ein schöner Kurs, leider nicht ganz glücklich für Tretroller, da es zu lange Abschnitte in der Ebene gibt. In der Ebene „verhungert“ man neben den Radfahrern immer. Man ist am Roller einfach sehr benachteiligt ohne Gangschaltung. Zum Glück gibt es aber ein paar Anstiege und Gefälle, sodass eine Runde so zirka 175 Höhenmeter hat. Ich fuhr mit 140 Puls und hatte in der ersten Runde einen Schnitt von 20,6 km/h, dann 20,4 und schließlich 20,1. Nun stand fest, dass der angepeilte neue Österreichische Rekord arschknapp zu erreichen sei, kein leichtes Spiel also.
Wettervorhersage
Ich wollte einen
neuen Österreichischen Rekord aufstellen. Dies treibt und spornt mich an, auch
wenn es dafür keinen Geldpreis gibt und auch sonst nicht sonderlich Ruhm oder
wie immer geartete Vorteile. Ich bin kein Genussfahrer und doch schöpfe ich
einen ewig anhaltenden Genuss, wenn ich ein hochgestecktes sportliches Ziel
erreicht habe. Somit trickse ich mich aus und beschere mir einen nachhaltigen
Genuss, indem ich nur auf Zahlen, Daten, Fakten schaue, in diesem Fall darauf,
mehr als 422,15 Kilometer in 24 Stunden zu rollern. Dieser Wert ist der
aktuelle Österreichische Rekord, der paradoxerweise eh von mir aufgestellt
worden war, 2019 im Tschechischen Lichnov.
Gedankenspielereien
und die liebe Elektronik
Mit ausgefinkelten Methoden analysierte ich stundenlang die Streckenprofile von Lichnov und Kaindorf und musste erkennen, dass Lichnov besser geeignet ist, um am Tretroller Rekorde aufzustellen. Kaindorf ist aber immer noch besser als etwa die flache Donauinsel in Wien. Am Tretroller bin ich in hügeligem Gelände schneller als in der Ebene. Optimal ist es, wenn sowohl Anstiege als auch Gefälle eine Neigung von 1,5% haben. In Kaindorf ist die Steigung im Mittel 2%. Leider gibt es auch Passagen mit bis zu 10,8%. Dies drückt dann die Durchschnittsgeschwindigkeit wieder.
Prognoserechnung
Ich saß in meiner
Vorbereitung mehr Stunden vor dem Computer als dass ich am Trittbrett stand. Da
gab es die Prognoserechnungen, die mich auf eine Strecke von 425 km kommen
ließen und dann gab es ganz stark Social Media. Mein Treibstoff ist tatsächlich
ganz stark das Publikum. Ich bin unsagbar froh, dass es Facebook gibt und ich
im Vorfeld sozusagen Werbung für meinen Rekordversuch machen konnte. Das
brauche ich, denn es verursacht mir einen positiven Stress. Während des Rennens
weiß ich, dass mir ganz viele Leute virtuell zuschauen oder zumindest abwarten,
ob und wie ich ins Ziel komme. Je mehr unterschiedliche Leute „dabei“ sind,
desto beflügelnder ist das für mich. Ich möchte die Zuschauerschaft unterhalten
und mitunter einige Leute zu eigenen großen Leistungen inspirieren. Ohne diese
Zuschauer wäre ich erheblich langsamer und würde mitunter gar nicht erst an den
Start gehen.
Eine weitere Art
der Vorbereitung: die Stromversorgung des Radcomputers und des Handys. Beide
Geräte halten keine 24 Stunden mit dem eingebauten Akku durch. Zudem sollen das
Wahoo (das ist der Radcomputer) und das Handy die ganze Zeit über miteinander
über Bluetooth miteinander verbunden sein. Der Grund ist, dass das Handy alle
Messwerte vom Wahoo empfängt und zu einem Server senden, sodass man im Internet
live all meine Daten mitverfolgen könne. Die Verbindung brach während der
Trainings immer wieder ab. Sehr zu kämpfen hatte ich auch mit der Beleuchtung.
Kabelbrüche wurden entdeckt, sodass die superhelle Magicshine-Lampe fallweise
ohne Vorwarnung ausfiel und ich dann im Stockfinsteren war. Somit fuhr ich mit
zwei Lampen gleichzeitig wegen der Ausfallsicherheit. Vom Reglement her musste
das Rücklicht permanent leuchten, dürfe also nicht blinken. Ein permanent
leuchtendes Rücklicht braucht mehr Strom und der Akku ist dann nach zwei bis
drei Stunden leer.
Somit hatte ich
drei Rückleuchten und drei Frontlampen, in der Lenkertasche und in der
Bauchtasche waren Powerbanks zum Nachladen der Akkus. Stress pur irgendwie. Im
Kopf war ich nur mit der elektrischen Energieversorgung befasst. Und was, wenn
es regnet? Wären dann alle Kabel und Steckverbindungen, vor allem die Akkus
ausreichend geschützt? Ja, und dann noch die Verbindungskabel. Drei
verschiedene Steckerarten hatte ich. Einfach zum Verrücktwerden.
Anreise und drei
Ziele
Start/Ziel-Bereich
Froh war ich, dass mich nicht in allerletzter Minute Corona erwischt hatte und ich auch sonst gesund und unverletzt war. So fuhr ich die 1,5 Stunden mit dem Auto von Wien nach Kaindorf. Selfsupported. Mir ist das ganz recht. Wenn ich Betreuer habe, so neige ich zu längeren Pausen und das ist während eines Rennens nie gut. Zwei Reporter hatte ich jedoch, nämlich Martin und Robert, die ich auf der Facebookseite zu Administratoren gemacht hatte, sodass sie von während des Rennens etwas posten könnten. Ich selbst würde ja auch posten und vor allem funktionierte jetzt auch die Sache mit dem Live-Tracking. Das heißt, es sollte klappen, all meine Daten die ganze Zeit über auch im Internet abrufbar zu machen, also zurückgelegte Kilometer, verstrichene Zeit, Durchschnittsgeschwindigkeit, Durchschnittsherzfrequenz, aufsummierte Höhenmeter, momentane Position und dies und das.
Im Kopf ging ich
alles durch und produzierte an einer Autobahnraststätte schnell noch ein
Selfievideo. Im Video erklärte ich im Wesentlichen zwei Umstände, die ich jetzt
ein wenig näher erörtern möchte. Erstens meine Ziele, zweitens meine Vorbilder.
2016 stellten
David Pasek, Jurek Milewski und ich gemeinsam den Österreichischen 24h-Rekord
von 406,67 km auf. Im Vorfeld lernten wir den RAAM-Sieger Severin Zotter
kennen, der genau die von uns gewählte Strecke mit dem Fahrrad fuhr und er
verriet uns, dass er bei all den großen Herausforderungen immer drei Ziele
definiert, ein Minimalziel, ein richtiges Ziel und dann ein Traumziel. Ich
danke Sevi für dieses Geheimnis, denn ich handhabe es jetzt immer genauso. Hier
meine Ziele für die nächsten Stunden:
Ziel:
Finishen, egal mit wie wenigen Kilometern
Ziel:
mehr als 422,15 km rollern
Ziel:
den Weltrekord der Frauen überbieten (Hermien Koers, 432,82 km)
Das 3. Ziel ist eher nur so etwas wie eine Spielerei, denn man kann und darf die beiden Fahrten und deren Bedeutung nicht miteinander vergleichen. Aber es wäre einfach toll zu wissen, einen Tick weiter gefahren zu sein als die allerschnellste Frau weltweit über die 24 Stunden.
Lenkertasche mit „Xandi Raini Wigald“
Orts- und
Zeitwechsel. Norwegen 2019. Styrkeproven, die Große Kraftprobe, das
Fahrradrennen von Trondheim nach Oslo, 543 km. Eine Dame und drei Herren wagten
es am Tretroller. Dies lief unter dem Titel „Kickdistance 2019“, eigentlich
mein Baby, meine „Erfindung“, mein Projekt. Auch hier definierte ich meine drei
Ziele und das 1. Ziel war das Finishen, egal in welcher Zeit. Und dann
passierte etwas, das mein Sportlerleben nachhaltig veränderte. Ich gab nach 324
km auf, einfach da ich langsamer wurde und meinte, es in der gewünschten Zeit
nicht mehr schaffen zu können. Klar war ich müde und hatte immer wieder
kleinere körperliche Probleme, aber einen tatsächlichen Grund zum vorzeitigen
Beenden gab es nicht. Ich hatte doch allen Ernstes mein 1. Ziel total
vergessen, verloren, ausgeblendet, getötet.
Nicht ganz zwei Monate später stellte ich dann den neuen Österreichischen Rekord auf, da ich nach dieser Norwegen-Geschichte mich neu programmiert hatte. „Aufgeben tut man nur einen Brief“, ist ein Spruch, der mir noch nie zugesagt hatte, denn man darf aufgeben. Es gibt physische oder auch physikalische Grenzen und meinetwegen auch psychische. Ich brauchte einen neuen Trick, um mich im Taumel eines 24-Stunden-Rennens klar auf meine Ziele besinnen zu können, um mich zu motivieren.
Hoch das Bein, 2. Tag
Dies geht nur mit
positiven Gedanken. Das geht nicht mit dem blöden Spruch des aufzugebenden
Briefes. Und diese positiven Gedanken extrahiere ich mir aus Menschen, die ich
ob ihres Durchhaltevermögens bewundere. Drei Menschen sind dies für mein
Projekt Kaindorf: Xandi Meixner, Rainer Predl und Wigald Boning. Die Vornamen
der drei hatte ich auf einem Zettel, der auf meiner Lenkertasche befestigt war,
um in schlechten Phasen ja nur nicht zu vergessen, wie schön es ist, nicht
aufzugeben. Am Zettel stand weiters noch „Trinken! Trinken!“, denn zu wenig
Flüssigkeit wäre der Tod meines Rennens.
Wer sind die drei
Leute und warum dienten sie mir als Schutzpatronin und Schutzpatrone? Sie alle
lieferten 2021 Bewundernswertes ab. Xandi stellte den Weltrekord im
Dauerradfahren auf und legte innerhalb von 30 aufeinanderfolgenden Tagen
13.333,33 Kilometer am Rennrad zurück, also 444,44 km am Tag. Rainer stellte
ebenfalls einen Weltrekord auf und ebenfalls an 30 aufeinanderfolgenden Tagen. Er
lief täglich zwei Marathons am Laufband und kam auf 2.340 Kilometern am
Laufband. Wigald stellte keinen Weltrekord auf, zumindest glaube ich das, doch
ist sein Durchhalten nicht weniger inspirierend. Er lief ein ganzes
Kalenderjahr an jedem Wochenende einen Marathon.
Was mir daran so
gefällt? Es liegt in der Natur der Sache, dass sie alle drei immer wieder
Phasen hatte, wo der Spaß völlig ausgeblieben war. Schmerzen, Müdigkeit,
schlechte Stimmung, schlechtes Wetter (bei Rainer eher kein Problem, da indoor).
Und doch wurschtelten sie sich über diese dunklen Phasen und triumphierten am
Ende in allen leuchtenden Farben dieser Welt.
Hitze treibt den
Puls hoch
Rennbesprechung: mein Tretroller ist gut platziert
Knallheiß war es als ich gegen 14:30 Uhr in Kaindorf ankam. Im Start/Ziel-Bereich durfte man nur mit einer Genehmigung parken. Dort konnte ich unmöglich mein Auto abstellen. Der Besucherparkplatz war jedoch ein wenig vom Schuss. Bei jedem Stopp zwecks Essens, Trinkens, Bekleidungstauschs hätte ich über die Bundesstraße gehen müssen, die Böschung hinunter und dann zum Auto irgendwo am großen Parkplatz. Megaumständlich, Zeitverlust und vielleicht sogar gefährlich. So holte ich mir einmal die Startnummer und den Chip zur Zeitnehmung, um mich dann auf die Suche nach einem guten Parkplatz zu machen.
Erst nach 5,5 Kilometern fand ich einen legalen Platz, der auch sonst frei von Nachteilen war. In Ebersdorf, perfekt zum Zufahren und Anhalten, auch mit schattenspendenden Bäumen. Hier also schlug ich mein Quartier auf, ruhte ein wenig, da es jetzt nur noch um das Ressourcenschonen ging. Langsam startete ich mit den Vorbereitungen, kontrollierte den Reifendruck, kontrollierte, ob die wenigen Schrauben am Roller alle gut angezogen waren und die Bremsen funktionierten, montierte die Beleuchtung und schloss die Akkus an. Schließlich trank ich noch Wasser bis zum Anschlag, zog mich rennfertig an, sperrte den Wagen ab, Helm auf, Handschuhe an und ab nach Kaindorf.
Nach der
Ortsende-Tafel war der Puls schon bei 130, obwohl ich ganz gemütlich und
bewusst langsam fuhr. Die Hitze! Dieses Rennen sollte ja an einem der heißesten
Tage überhaupt stattfinden. Bis zu 37 Grad waren angesagt und jetzt, obwohl
bereits gegen 16 Uhr, war es immer noch erdrückend heiß. Wie solle man dies
morgen durchhalten? Bei nur 16 km/h hatte ich 150 Puls. Subjektiv strengte ich mich
überhaupt nicht an, aber mein Körper lief auf Hochtouren, war mit Kühlen
beschäftigt. Wie sollte ich da einen Schnitt von 20 oder auch nur 19 km/h
schaffen? Und wie langsam sollte ich jetzt die fünf Kilometer zum Start
rollern, um dort nicht ausgepowert anzukommen?
Vor dem Start
Ich kam recht entspannt an und doch glänzten meine Unterarme vom Schweiß und auch der Rücken war schweißnass. Ab zur Wasserleitung. Trinken, Flaschen nachfüllen. Schatten aufsuchen. In der schattenspendenden Halle montierte ich die Startnummer am Roller und ließ mir den Chip am Handgelenk festmachen. Ausruhen so gut es ging. „Wahnsinn! Mit dem Ding fährst du die drei Stunden?“, sprach mich ein Radler meiner Altersklasse an. „Nein, ich mache die 24 Stunden.“ Er war fassungslos.
immer wieder Sonnenblumenfelder
Schatten, Bewegungsreduktion,
Energiesparen, schnell noch ein Gel reingeschmissen. Die Dreistunden-Leute
starteten. Wir durften uns ab 17:30 in Startaufstellung bringen. Keiner machte
es. Jeder kroch in letzter Minute aus dem kühlenden Versteck, um sich durch die
vielen Wohnmobile und Zelte zum Start zu schleppen. Selten war ich vor einem
Rennen so zuversichtlich auf einen guten Verlauf und auch so vorfreudig. Keine
Ahnung, woher dies kam, aber in diesen Minuten war alles auf Schiene. Kein
Hunger, kein Durst, keine Müdigkeit, keine Schmerzen. Auch alles Technische
klappte. Der Radcomputer war startklar, die Verbindung mit dem Handy klappte,
alle Akkus waren voll, Lichter und Leuchten einsatzklar und ich hatte bereits
die ungetönte Nachtfahrbrille auf. Schuhbänder perfekt gebunden, alle Schrauben
am Roller fest, Trinkflaschen voll. Und die Hitze ließ jetzt gegen 18 Uhr auch
schon nach. Bald würde auch der Fahrtwind ein wenig kühlen. Vorfreude pur!
„Mit dem musst du
dauernd treten?“, fragte mich eine Radfahrerin am Start. „Ja, E-Motor ist da
keiner dabei….“, war meine wenig charmante und nicht so sehr witzige Antwort.
Erst Stunden später dämmerte mir, dass diese Frau mein Idol Xandi Meixner war,
die spätere Siegerin in ihrer Altersklasse und zugleich schnellste Frau
überhaupt. Oh, hätte ich das nur schon am Start gewusst!! Ich hätte ihr gedankt
für all die Inspiration, die mich noch beflügeln sollte in den nächsten
Stunden.
Start und erste
Runden
Startschuss
Startschuss!
Langsam setzte sich der aus 108 Leuten bestehende Räderwurm in Bewegung. Ich
reihte mich wegen der geringeren Geschwindigkeit ganz hinten ein. Einen
neutralisierten Start gab es an der Bundesstraße. Von dem bekam ich nicht viel
mit, denn da ganz hinten ging es eh noch länger gemütlich zu. Ein Tandem war
auch im Rennen. Ein Pärchen fuhr mit diesem. Wir trafen einander immer wieder,
da wir ähnliche Geschwindigkeiten hatten und so kam es immer wieder zu netten
Plaudereien. Jetzt aber fuhr ich nach etwa fünf Minuten als Schlusslicht.
Diese erste Runde
war trotz des sehr zähen Starts eine meiner schnellsten. Das war fast zu
erwarten, auch wenn ich mir bei so langen Strecken jedes Mal vornehme, bewusst
langsam zu starten. Es klappt dann nie. Mein Puls war bald jenseitig, also bei
um die 160 mit wenig Ambitionen, runter zu gehen. Vom Feeling war es wie Puls
130. Rennsituation. Da kann man sich Nüchterndenken wie man will. Race ist
Race. Entlang der Strecke gab es immer wieder Gruppen Publikum. Begeistert und
laut wurde man angefeuert. Dies allein verhindert schon ein gemütliches
Dahinschleichen. Nach der ersten Runde war mein Schnitt bei 21,3 km/h. Er
kletterte auf 21,4, dann 21,6, sank langsam auf 21,4. Es war verrückt, wie
schnell ich war und wie leicht mir alles fiel.
Vom Start/Ziel-Bereich ging es kurz über einen eher engen Radweg zur Bundesstraße und von dort 5 Kilometer leicht abfallend, mit minus 36 Meter Höhendifferenz nach Ebersdorf. Immer wieder ging ich auf dieser für Tretroller zähen Passage in die Aeroform und ließ mich rollen. So hatte ich in der Quasi-Ebene immer wieder knappe 30 km/h drauf. Eine Freude! Gelegentlich konnte ich mich in den Windschatten der langsameren Radler hängen. Die Schnellen hingegen waren wirklich schnell. Da waren nicht nur die Dreistunden-Leute im Rennen, sondern auch die schnellsten der 24er waren enorm speedig unterwegs. Ja, sie waren wirklich doppelt so schnell als ich.
Nach Ebersdorf
ging es stetig bergauf. So richtig steil wurde es am Weixelberg. Bis zu 10,8%
Steigung. Das ist für mich schon der Grenzwert an Steigung, denn hier ist das
Laufen weniger anstrengend als das Treten. Nur gab es genau am Weixelberg die
ambitioniertesten Anfeuerer und einen Platzsprecher, der mich alle paar Runden
namentlich vorstellte und um Extra-Applaus ins Mikrofon schrie und dann johlten
alle und feuerten mich an. Unnachahmliche Stimmung und dies Runde für Runde,
ausnahmslos.
Am Plateau nach dem Weixelberg konnte man sich von Anrainern mit dem Wasserschlauch bespritzen lassen, was ich erst am Samstag für mich orderte. Bald ging es zügig bergab. Für die Rundenzeiten am Tretroller wäre ein flacheres Gefälle besser gewesen, für die Action und das Adrenalin waren aber die 8 Prozent Gefälle die Wucht, denn schnell beschleunigte ich auf über 60 und an der schnellsten Stelle hatte ich stets so an die 70 Sachen drauf, einmal sogar 72. Diese hohen Geschwindigkeiten waren technisch gesehen gar nicht so einfach zu erreichen. Nach dem Waldstück ging es eher stärker nach rechts und der Asphalt war ein Fleckerlteppich. Um die Optimal-Linie zu fahren, musste man eine Verkehrszeichentafelstange verdammt knapp nehmen. Ich musste an die Alpinschifahrer denken und die Kippstangentechnik. Nur nicht die Stange zu kippen versuchen.
Stimmungsbild
Im ebenen
Abschnitt nach diesem Gefälle überholte ich dann immer wieder schnelle
Radfahrer, da ich downhill offenbar mutiger war als sie und vor allem der
Luftwiderstand des Tretrollers einen Tick kleiner ist als der eines Rennrads.
Und jedes Mal dann dieses zermürbende Gefühl, wenn ich mich ausrollen lassen
musste auf 25 km/h, um wieder antauchen zu können und währenddessen von den schwächelnden
Radlern und Radlerinnen pedalierend überholt wurde. Es folgte der
Start/Ziel-Bereich, den ich stets mit ganz großen Freuden nahm, denn die Radien
waren für maximal 25 km/h ausgelegt, sodass kein Radfahrer schneller war als
ich. Während die Spitzenfahrerinnen und Spitzenfahrer ihre Geschwindigkeit
reduzierten, gab ich alles und die Zuschauer staunten nur, wie ich denn
gleichauf mit den wilden Jungen sein konnte. Platzsprecher, Bühne, Livemusik,
Menschenmengen. Gänsehautfeeling bei jeder Runde. Und immer wieder filmende
Handys auf mich gerichtet. Geil!
Die Nacht bricht
an
Sonnenuntergang
20:30. Sonnenuntergang. Also, eigentlich noch nicht ganz Sonnenuntergang, doch ab jetzt war es Vorschrift, mit Licht zu fahren. Kurz blieb ich stehen, um mein Rücklicht, das ich am Riemen des Bauchtascherls befestigt hatte, einzuschalten. Tatsächlich wurde es jetzt kühler, doch nie wirklich kalt. Das Thermometer des Radcomputers zeigte im tiefsten Fall irgendwann gegen 2 Uhr dann 20 Grad an. Die eine Runde bei Dämmerung war ein Traum, da es eben kühler geworden war und die Sicht noch sehr gut war. Mitunter wäre es auch ohne Licht gegangen. Die Bergabpassage im Wald war sogar straßenbeleuchtet. Genial.
Was mir nun
auffiel war, dass alles weitaus weniger streng war als in den Wettkampfregeln.
Vorgeschrieben waren entweder eine Warnweste an oder Reflektoren an der
Startnummer. Niemand war diesbezüglich regelkonform, auch ich nicht. Das
Rücklicht durfte nicht blinken und doch sah ich einige mit rückwärtigen
Blinklichtern. Am meisten aber wunderte ich mich über das Windschattenfahren.
In den Regeln niedergeschrieben und im Zuge der Rennbesprechung noch einmal
erwähnt, heißt es, dass man nicht im Pulk fahren dürfe. Bis auf ganz wenige
Ausnahmen fuhren alle Schnellen in Formationen von drei bis über zehn Fahrern.
Da ist dann leicht erklärbar, wie 600, 700 oder 800 Kilometer gefahren werden
konnten. Wir Solo-Kämpfer mühten uns da schon weit mehr ab.
Sensationell
schnell
ausreichend Beleuchtung
Nach 4 Stunden und 30 Minuten hatte ich 95 Kilometer am Tacho und meine Herzfrequenz war im Mittel auf viel zu hohen 155. Ich fühlte mich verdächtig gut. Kein Hunger. Zu trinken gab es stets genug. Ich tankte bei jeder Runde Wasser nach bei der Labestation in der Mitte des Rundkurses. Gar keine Ermüdungserscheinungen oder Schmerzen und verrückt hohe 21,5 km/h im Mittel. Absolut auf Rekordkurs und zwar ganz extrem. Rein rechnerisch wären an die 500 Kilometer möglich. Das wäre die drittschnellste Zeit weltweit. Euphorisch fuhr ich nach der dreiminütigen Schinkenbrotpause weiter. Ein Fünftel hatte ich hinter mir. Echte Euphorie. Klar ist ein 24-Stunden-Rennen immer erst am Schluss entschieden und nicht nach einem Fünftel, aber der bisherige Verlauf war unfassbar gut.
Ich rauschte
durch die Nacht. Mir schien, dass es immer besser ging. Die Akkus der Geräte
waren zu 2/3 voll, die Beleuchtung klappte und mein Puls sank auf ein vernünftiges
Niveau. Ein wenig sank auch die Reisegeschwindigkeit, doch fuhr ich immer
deutlich schneller als in meiner Prognoserechnung. Die Nacht musste ich einfach
auskosten und nützen. Tagsüber würde es dann ja unerträglich heiß werden und
der Körper wäre nur mit Kühlen beschäftigt.
Zwei Lichter hatte ich vorne. Die kleine BBB-Lampe leuchtete die ganze Zeit
über und die fette Magicshine erhellte die Straße auf Stufe 1, was noch die
schwächste Stufe war. In der schnellen Waldpassage schaltete ich jedes Mal auf
Stufe 2 oder sogar 3. Richtiges Fernlicht. Bei 70 km/h hatte ich ausreichende
Sicht. Welch Freude. So konnte ich meinen Schnitt halten. Während des
gemütlichen Gleitens zwischen Kaindorf und Ebersdorf rollte der PKW der
Rennleitung neben mir mit orange blinkendem Dachlicht. Man teilte mir mit, dass
ich ohne Rückleuchte fahre. Beim ersten Mal wird man verwarnt, beim zweiten Mal
gibt es Strafminuten. Sofort blieb ich stehen und tauschte Lampen aus. Ich
hatte ja noch zwei vollgeladene Rückleuchten mit. Sicherheit geht vor,
unabhängig von der Rennleitung. Bald meldete sich die Magicshine. Akku bald am
Ende! Daher musste ich zum Auto und in einer längeren Prozedur den großen Akku
tauschen.
Nicht gerade die
beste Nahrung!
Hier dachte ich, das Rücklicht ginge nicht. War aber okay
Mein Tacho zeigte
148,5 Kilometer nach 7 Stunden und 25 Minuten. Der Reiseschnitt lag also
inklusive aller Stopps bei 20,0 km/h. Immer noch sensationell! Die Höhenmeter
lagen nun bei 1.370. Auch kein schlechter Wert. Mich strengt die Ebene immer
noch mehr an als das Bergauffahren. Die Elektronik-Bastel-Pause nützte ich auch
gleich zum Essen. Auf meine Zuckermelonen hatte ich schon ewig lang Appetit.
Mmmh, welch Vorfreude! Iiiih, welch Ekel. Ich öffnete die Tupperware-Box und
die Melonenstücke stanken wie alter Kürbis. Zwei, drei Bissen machte ich. Ein
wenig konnte ich den Zucker ausmachen, doch hauptsächlich schmeckte es
säuerlich. Ekelhaft. So öffnete ich die andere Box mit der Bowl. Auch nicht
besser. Da waren ja auch Stückchen Zuckermelone im Reis, aber auch Avocado und
vor allem Thunfisch. Auch dieses Zeugs stank. Vom Geschmack her war es auch
kein feines Ereignis, doch nahm ich ein paar Bissen, schließlich brauchte ich
die Energie. Die Labestation hatte über Nacht geschlossen. Was hatte ich sonst
noch mit? Leberstreichwurstbrote mit Schinken und Mannerschnitten. Sonst nichts.
Dies dafür in großen Mengen. Ein Brot würgte ich schnell runter und dann fuhr
ich wieder ab in die Nacht, mit neuem Akku an der großen Lampe und Freude, mein
Tempo weiter zu halten.
Drei Runden
wollte ich durchfahren bis zur nächsten Pause, noch vor dem Weixelberg
beschloss ich, dass es nur zwei Runden werden sollten, da ich mich schwach
fühlte. Wahrscheinlich war mein Puls in den ersten Runden doch zu hoch und ich
verschoss wertvolle Energie zu Beginn, müsste nun mehr Nachtanken, vielleicht
auch nur mit Gels. Brote und Schnitten brauchte ich bald. Als ich im
Start/Ziel-Bereich war, legte ich fest, dass ich überhaupt nur eine Runde
fahren würde, also noch 5,5 Kilometer bis zum Auto, ohne Anstrengung, da ohne
Steigung. Mein „Tank“ war offenbar leer. Mich überkam eine ziemlich plötzliche
Schwäche und auch Magendrücken. Da dauerte es nicht lange, bis sich zu diesem
eine ganz große Lustlosigkeit gesellte. Das war irgendwie ganz anders als
sonst. Immer langsamer wurde ich. Mir schien es, als hätte ich urplötzlich bösen
Gegenwind bekommen.
Zwangspause wegen
Übelkeit
Start/Ziel-Bereich während der Nacht
Endlich das Auto! Zwei Sekunden vor Erreichen meines Ziels merkte ich, dass ich mich augenblicklich übergeben müsse. Schnell legte ich den Roller zu Boden und spie eine Fontäne aus mir und dann noch zweimal eine. Jetzt war ich wirklich leer. Und erleichtert. Zugleich aber war ich noch schwächer als zuvor und mein Magen drückte immer noch. Befreiend war es trotzdem Mir war alles klar. Bei 40 Grad im Auto könne man keinen Thunfisch über mehrere Stunden lassen und auch die Zuckermelonen verlangen nach tieferen Temperaturen. Ich hatte Vergammeltes gegessen und dies verzieh mir mein Magen nicht.
Mittlerweile war es kurz nach 2 Uhr. Eigentlich die beste Zeit zum Rollern. So schön ruhig und still und wirklich angenehm von den Temperaturen her. Doch ich musste eine Pause einlegen. Ich war zu schwach und vor allem verspürte ich einen körperlichen Widerwillen beim Gedanken, jetzt auf’s Trittbrett zu steigen. Den Wecker stellte ich mir auf 30 Minuten. Den Helm ließ ich auf, einzig die Luftpumpe nahm ich mir aus der Rückentasche. So nahm ich am Beifahrersitz Platz und schlief tatsächlich ein. Kaum eingeschlafen, läutete auch schon der Wecker. Ich merkte, dass mir diese Pause genau nichts gebracht hatte. Der Magen drückte und ich fühlte mich unwohl und schwach. Somit beschloss ich kurzerhand, einfach bis 5:30 abzuwarten, einfach zu schlafen. Ab 5:30 brauche man nämlich keine Beleuchtung mehr. Dann wäre mein Kopf so richtig frei. Ich brauchte nicht mehr zu bangen, ob alle Akkus halten würden.
Morgenerwachen
und schönste Stimmungen
Sonnenaufgang
Herrlich! Zauberei! Ich wurde ohne Wecker um 5:15 munter. Irgendwie kam es mir kalt vor. Im Auto deckte ich mich mit der Jacke zu. Geschlafen hatte ich übrigens ohne Helm. Jetzt gönnte ich mir erst einmal einen heißen, schwarzen Kaffee. Eine Thermoskanne mit diesem koffeeinhaltigen Heißgetränk hatte ich ja. Mannerschnitten dazu. Das war dann das Frühstück. Was niederschmetternd war, war die Durchschnittsgeschwindigkeit am Radcomputer. Sie rasselte von 19,4 km/h zu Beginn der langen Zwangspause auf 14,3 km/h am Ende. Der Kilometerstand war nun 166,3 und die Höhenmeter 1.543.
Ich fühlte mich
wie in einem neuen Leben. Ja, Zauberei! Keine Übelkeit, keine Schmerzen, auch
keine Schwäche oder Müdigkeit. Hurtig befreite ich den Roller von allem
Nachtzeugs, füllte die Flaschen an, gluckerte noch einmal zwei Becher Kaffee
und schmiss mich pünktlich um 5:30 auf die Fahrbahn. Die nun folgenden 1,5
Runden waren die wohl allerschönsten des gesamten Rennens. Die Morgenstimmung
war eindrucksvoll und angenehm. So viel Ruhe und so ein seltsamer Zustand
zwischen schlafender Natur und Wiedererwachen. Goldgelber Himmel, leicht
orange, alles Saftgrün der Wiesen und Wälder war orangedurchzogen. Frische
Luft, Windstille. Vereinzelt traf ich Leute am Streckenrand, die mir einen
Guten Morgen wünschten und denen ich freundlich zurückgrüßte oder aber grüßte
ich manchmal als erster. Heimatfilm-Idylle.
Temperaturen
steigen an
Nach Sonnenaufgang wieder voll im Rennen
Allmählich drehte der Tag seine Heizung an. Um 8:05 legte ich meine Sonnen-Eincreme-Pause ein und kombinierte diese auch gleich mit einem morgendlichen Belohnungsbier. Naja, Bier ist vielleicht schon übertrieben. Einen Radler machte ich mir auf, also eine Flasche halb Bier, halb Limonade. Nun hatte ich 220 km am Tacho und zwirbelte die Durchschnittsgeschwindigkeit auf 15,5 km/h hoch, keine schlechte Leistung. Jetzt war ich solide in der zweiten Hälfte des Rennens und der Tag war ein traumhafter, immer noch war ich beschwerdefrei. Gewiss hatte mir die Schlafpause gut getan. Ich fragte mich, ob ich ohne Magen-Zwischenfall und ohne der Zwangspause jetzt auch so locker drauf gewesen wäre. Mag sein. Ich denke, durch die Erfahrung einiger so langer Belastungen teile ich mir meine Kräfte einfach besser ein und verstehe es, aufkeimende Belastungsschmerzen irgendwie umzuleiten oder fortzuschicken.
Flaschen auffüllen, noch einmal wie ein Kamel Wasser trinken. Dann ging’s los. Die Sonnencreme war sehr dick aufgetragen, denn ich wollte mich kein weiteres Mal mehr eincremen müssen. Dick verschmierter 50er-Faktor mit dem Dreck der Straße. Pfui, aber so ist das im Rennen. Nur keine Zeit verlieren! Die nun folgende Runde musste ich ohne der Labestelle auskommen. Erst ab 9 Uhr sollte sie wieder besetzt sein. Immerhin konnte man rund um die Uhr dort Wasser und isotonisches Zeugs aus großen Vorratsbehältern zapfen. Ich gierte jedoch schon lange nach den frischen Wassermelonen.
Es war für alle extrem heiß
Wir alle waren
mitten im Tag. Um 6 Uhr waren die 12-Stunden-Leute gestartet. Sie sahen mich
nun erstmals und grüßten mir zu, feuerten mich an, zollten mir Respekt. Ganz
ehrlich brauche ich dieses Respektbekunden nicht als Treibstoff, doch freue ich
mich über jede positive Meldung unterwegs. Ab und zu gab ich Komplimente
zurück, denn meiner Ansicht nach ist es wirklich ganz egal, ob man 24 Stunden
im Sattel sitzt oder am Trittbrett steht, auch 12 Stunden oder 6 Stunden sind
verdammt hart. Und gegen die Temperaturen hatten auch alle gleich anzukämpfen.
Wir alle waren verdammt gut drauf in diesen Stunden.
Über ein Anfeuern
freute ich mich jede Runde ganz besonders. Eine junge Frau hielt wacker durch
und beklatschte alle Vorbeifahrenden, mir aber schrie sie schon begeistert
entgegen, dass ich für sie der allergrößte Held sei. Bald kam es dazu, dass ich
ihr zurückjubelte und sie als meinen „größten Fan“ titulierte. Fröhliche
Menschen allüberall. Wie ging das nur? Wir hatten wenigstens ab und an
kühlenden Fahrtwind, aber die Leute am Streckenrand harrten in der extremen
Hitze aus.
Wasser und
Wassermelonen
Wassermelonen,
endlich wieder Wassermelonen. An der Labestation immer wieder Smalltalk. Jedes
Mal füllte ich eine meiner 500ml-Flaschen zur Gänze auf, immer nur mit Wasser.
Nach der Labe ging es ein Stück noch bergauf und dann länger bergab. Bis zum
scharfen Anstieg zum Weixelberg immer wieder länger hinauf und hinunter.
Volksfeststimmung am Weixelberg, wirklich viele Leute am Streckenrand, Stimmung
aber auch unter den Fahrern. Man merkte einen Zusammenhalt und, so komisch es
anmutet, eine echte Freude. Schwer zu beschreiben. Man erfreute sich nicht an
den Strapazen, eher an der bizarren Situation. Erstmals ließ ich mich vom
Gartenschlauch anspritzen. Aah, das half! Die Sonnenbrille war nun voller
Wassertropfen und bald schon kam die äußerst schnelle Abfahrt. Die
Fahrtwindtrocknung klappte und so hatte ich gute Sicht beim schnellen
Hinabflitzen.
Grüne Steiermark
Bei Tag ist alles schöner! Die Nacht hat auch ihre Reize, doch bot das Fahren bei Tageslicht einen unerwarteten Vorteil. Durch die klare Sicht in die Ferne konnte ich erkennen, ob es demnächst ein leichtes Gefälle geben würde und dann schmiss ich mich schnell in die Aeroposition, nur um keinen Kick zu viel zu machen. Radfahrer kennen das Problem nicht. Sie treten immer in die Pedale und wenn es leicht zu treten ist, schalten sie höher und werden schneller. Beim Roller geht das nicht. Man muss jeden Schwung ausnützen und man hat immer die Entscheidung zu treffen, ob man aufrecht mit viel Luftwiderstand kickt oder sich klein macht und auf das schnellerwerdende Rollen baut. Bei Tageslicht kam ich mit weniger Kicks pro Runde aus. Mag sein, dass alles anders gewesen wäre, wäre der Start des 24-Stunden-Rennens in der Früh oder am Vormittag gewesen. Dann hätte ich jeden Streckenabschnitt der Runde vor Einbruch der Dunkelheit verinnerlicht gehabt und wäre auch bei Nacht mit weniger Kicks durchgekommen. Die Startzeit von 18 Uhr finde ich jedoch viel besser, da es körperlich einfach gut tut, bald in die kühlende Nacht zu kommen. Es erhöht auch die Verkehrssicherheit, wenn man noch nicht schlapp und ermattet in die Finsternis gerät.
Einmal gab es
noch eine Runde mit Wassermelone, Wasser und Gartenschlauch, dann bremste ich
mich abermals in Ebersdorf ein, rundum zufrieden mit Puls und
Reisegeschwindigkeit, doch völlig überhitzt. 10:15 war es erst und jede freie
Hautstelle war schwitznass. Das zuvor geöffnete Flascherl Radler gluckerte ich
jetzt aus und dann schüttete ich mir Wasser über den Kopf. Was bin ich froh,
dass das nicht Limonade war! Klares Wasser, kühlend, belebend.
Leistung sinkt
wegen der Hitze
Das Ziel, einen
neuen Österreich-Rekord aufzustellen war nun nur noch ein Traum und nicht
realisierbar. Ja, durch Aktivieren aller Reserven wäre es immer noch drin
gewesen. Aber wozu? Ich merkte eine allgemeine Leistungseinbuße, wohl wegen
fehlender Nahrung. Seit dem Erbrechen aß ich nicht richtig, eine Packung
Schnitten und dann Wassermelonen, die ja kaum Kalorien haben, nicht einmal Iso
trank ich, nur Wasser, ja, okay, den Radler gab es. So im Rückblick ist mir ja
alles klar. Der Treibstoff war aus. Komischerweise fahre ich im Notlauf immer
noch sehr gut und überholte ein paar der langsameren Radfahrerinnen und
Radfahrer. Den Weixelberg schob ich die nun folgenden Runden den Roller hoch.
Da konnten mich auch nicht die johlenden Fans ermuntern, das Trittbrett zu
benützen. Hitze, kein Schatten und ein Weixelberg, der von Mal zu Mal höher und
steiler wurde. Diese Feststellung machten auch schon andere Fahrer, wie ich den
Berichten der Vorjahre Tage später entnahm.
Zweite sehr lange
Pause
Immer wieder in die Aero-Haltung
291,6 km – finale Pause. Jetzt war es 12:39 und Karl Heinz war mit seinem Tretroller im Rennen. Er ging das 6-Stunden-Rennen an. Und ich beschloss, jetzt so richtig zu pausieren. Mein Rennen war 18 Stunden und 39 Minuten alt, der Höhenmeter waren es 2.736 und die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei lächerlichen 15,6 km/h. Wieso finale Pause?? Ganz einfach: ein Winkelzug! Meine Ziele Nummer 2 und Nummer 3 waren nicht erreichbar. Das Ziel Nummer 1 lautete „Finishen“. Und finishen kann man auch, wenn man eine fünfstündige Pause einlegt. Wäre es mein erstes 24-Stunden-Rennen gewesen, hätte ich geschaut, was drinnen sei. Ich weiß aber, dass ich schon einmal 422,15 km gefahren bin. Warum also sollte ich mich jetzt bei der Hitze unnötig quälen? Außerdem konnte ich so in aller Ruhe und Gemütlichkeit Karl Heinz filmen. Auf 300 Kilometer würde ich ja dann auch kommen. Ein schöner Wert.
Helm runter,
Trikot wechseln, Trinken. Kurz nach 13 Uhr kam Karl Heinz an mir vorbei. Er war
in seiner zweiten Runde und gemessen an den Temperaturen sehr flott unterwegs.
Ach, war es schön, jetzt nicht am glühenden Asphalt zu rollern! Aufs Häusl
musste ich. Im Start/Ziel-Bereich gab es massenhaft Toiletten, nur konnte ich
jetzt nicht dorthin. Mit dem Auto war es nicht möglich zu fahren und mit dem
Roller wollte ich wirklich nicht. Glücklicherweise gab es in Sichtweite meines
Headquarters eine Pizzeria. Dort rollerte ich helm- und handschuhlos hin,
bestellte mir ein Bier, um zwischendurch auch schnell das Stille Örtchen zu
besuchen.
In der Pizzeria
mein Lieblingsbild. (c) Kleine Zeitung
Als ich dann so beim kühlen Bier saß und mir vom Zimmerventilator die frische Luft um die Ohren spülen ließ, studierte ich die Speisekarte. Eine Pizza nach dem Rennen, als Belohnung, als Ziel für die letzten Strapazen. Ein Blick auf die Zimmeruhr sagte mir, dass ich bis zu meinem letzten sportiven Aufbäumen noch endlos Zeit hätte. Also bestellte ich den vielgelobten Hamburger mit Speck drinnen und Pommes Frites dazu. Auf ein weiteres Bier verzichtete ich wegen des Alkoholgehalts. Anders als üblich konnte ich jetzt nicht alles zusammenessen, obwohl mein Magen leer war und der Bedarf nach Nahrung groß. So ließ ich mir meine Reste einpacken in eine Pizza-Schachtel, zahlte und rollerte zum Auto.
Grell war es da
draußen und brütend heiß. Ein Fotograf der Kleinen Zeitung hielt mich an. Er
wollte unbedingt ein Foto von mir machen, wie ich da so mit der Pizzaschachtel
in der Hand rollere. Er bekam das Bild und Tage später wurde auch mir dieses
geniale Foto zugespielt. Ich verspürte eine angenehme Leichtigkeit trotz der
Hitze. Mag sein, dass Pausen einfach gut tun. Aber es war etwas anderes, etwas
Nicht-Fassbares. Irgend etwas lag in der Luft, das diese Veranstaltung zu etwas
ganz Besonderem machte. Ich weiß bis jetzt noch nicht, was genau es war. Der
Fotograf, der Pizzamann, die Gäste im Lokal, die Streckenposten, die
Mitstreiterinnen und Mitstreiter, einfach alle waren ein großes Ganzes,
friedlich und happy.
Wiedereinstieg
ins Rennen. Supereinfach!
Alle brauchen Erfrischung!
Zurück beim Auto verweilte ich unter dem Schatten. Abermals fuhr Karl Heinz an mir vorüber. Mittlerweile wurde es 16:20 und ich spielte mit dem Gedanken, doch noch mehr als nur eine halbe Runde zu fahren. Ein stärkerer Wind kam auf und Wolken schoben sich vor die Sonne. Jetzt konnte man frischere Runden drehen und sicher würde es so richtig Spaß machen, ausgehruht mit einem Hamburger im Baucherl mehr als eine Runde zu drehen, noch einmal den Fans zuwinken und aus dem Dauergrinsen nicht mehr rauszukommen.
Die Idee war gut.
Ich zog mir wieder das Trikot mit der Startnummer am Rücken an und machte
meinen Roller und mich abflugbereit. Eine bedrohlich schwarze Wolke zog über
uns. Ja, egal, dann werde ich eben am Ende noch einmal nass! Es gibt
Schlimmeres. Der Plan sah vor, gemütlich zu rollern, länger bei der Labe zu
bleiben, vielleicht auch noch beim Platzsprecher am Weixelberg, um dann zum
Beispiel nach 24 Stunden und 3 Minuten die Ziellinie zu überrollen. Dann wäre
das Rennen aus und zwar nicht nach einer halben Runde, sondern nach
eins-komma-fünf Runden. Und rund 320 km hätte ich dann auch am Tacho.
Stimmung am
Weixelberg
Alle wurden schneller!
Als ich nun nach diesem Neustart zum Weixelberg kam, staunte ich über mich selbst. Ich lernte mich sozusagen erst so richtig kennen. Plötzlich hirschte ich rauf wie in den Anfängen, kraftvoll und mit freudigem Tritt. Das Rennen ging spürbar dem Ende zu und das ganze Feld wurde schneller. Das war geil. Ich gab alles und das fühlte sich grandios an. Der Puls ging etwas hoch, doch nie über 150. Und meine Geschwindigkeit war sensationell. Der Rundenschnitt lag bei über 20 km/h. Verrückt eigentlich. Als ich durch den Start/Ziel-Bogen fuhr, war klar, dass ich noch zwei volle Runden anhängen würde. Während die schönste Runde jene nach dem Sonnenaufgang war, waren die geilsten Runden die vorletzte und die letzte.
Mich zog offenbar
ein starker Magnet ins Ziel. Er zog mich die nächsten 35 Kilometer. Regen kam
nie, die Sonne war hinter Schleierwolken, der Wind kühlte und der Roller
rollte. Immer wieder Aeroposition, immer wieder zwischendurch ein paar Kicks
mit voller Kraft um zu sehen, was noch drinnen sei. Genug drinnen in mir. Wie
geil ist das denn! Wassermelone bei der Labe, die Frau Lieblings-Fan grüßen,
alle anderen Grüßen, die ganz Schnellen im Rennen anfeuern, auch die Xandi
Meixner, die mich mehrmals schon überrundet hatte. Welch ein Flow, welch ein
Run. Nach dem Weixelberg volles Tempo runter, konzentriert die Ideallinie nehmend, um dann
einen wirklich schnellen Radler zu überholen, der aus dem Staunen nicht mehr
herauskam. Einmal noch durch den Start/Ziel-Bereich. Bombenstimmung.
In den etwa 90
Sekunden, die ich durch den Kaindorfer Bereich rollerte nahm ich neben und
hinter mir die Gespräche des Erstaunens wahr. „Der fährt ja noch immer!“,
„Schau, wie der mit dem Roller antaucht“,… Nach dem künstlichen Zick-Zack-Kurs
ging es vorbei an mehreren Fahrerlagern und eine Rampe hoch zu einem Radweg.
Diese Rampe nahm ich immer recht kraftvoll, doch dieses Mal mit Maximalkraft.
Ich fühlte mich wie Superman. Unkaputtbar und voll mit Kryptonit.
Letzte Runde
Letzte Runde
Letzte Runde, welch Triumph. Kein erkennbares Leerwerden meiner Bein-Akkus. Nie hatte ich einen Krampf oder sonst Muskelschwächen, kein Ziehen oder Spannen. So eine Freude! So eine große Freude! Zwischen meinem Auto und der Labestation schloss des Motorrad der Rennleitung auf. Nun stand fest, dass ich der Letzte im Rennen sei. Unangenehm! Das heißt, nicht der Umstand, Letzter zu sein, war unangenehm. Unangenehm war, dass sich das Motorrad bergauf ständig mit erstem Gang und Kupplung spielen musste und ich hatte dauernd das Motorgeräusch neben mir und eingebildeterweise die Abgase. Zugleich aber spornte mich dieser Benzinmotor auch an, noch schneller meine letzte Runde zu beenden. Meine beiden Trinkflaschen leerte ich nun, gab am Weixelberg alles und knallte harte Schritte in den Asphalt. Das wohl Geilste dieser Runde waren dann die 70 km/h bergab, wo der brave Motorradfahrer nur 50 fahren durfte, da Ortsgebiet. Irgendetwas sagte er zu mir als er mich wieder eingeholt hatte. Ich verstand ihn wegen der Fahrgeräusche nicht. Wird schon nicht so wichtig gewesen sein.
Zieleinlauf und
Triumph
im Ziel!!!
Letzte Gerade!!! Im Normalfall rinnen mir die Freudentränen runter. Das ist mir immer peinlich, vor allem wenn es im Ziel Fotos gibt und ich tränengeschwollene Augen habe. Diesmal blieben die Augen trocken und ein breites Lachen zierte mein Gesicht, zierte meine gesamte Erscheinung. Noch ein letzter Kick nach der allerletzten Kurve und ich rollte durch den Zieleinlauf. Cheerleader-Girls links und rechts. Das 24-Stunden-Rennen war für mich beendet und durch mich war es insgesamt beendet. Kamera und Mikro stürmten auf mich zu. Ich zog aber schnell mein Programm durch und hob meinen Roller über meinen Kopf, drehte mich mit ihm und hüpfte am Stand, immer noch breit lachend, strahlend, happy und frisch als wäre es nur eine Stunde Fahrt gewesen.
Auch jetzt war
alles anders als sonst, denn ich konnte ganz normal sprechen. Bis jetzt war es
während so langer Belastungen so, dass ich mit jeder Stunde Fahrt langsamer und
undeutlicher gesprochen hatte, ins Lallen kam und auch selbst merkte, dass es
mit dem Sprechen nicht so ganz klappe. Gänzlich anders jetzt. Der
freundlich-fröhlichen Interviewerin gab ich pfiffig-flotte Antworten, nicht
unbedingt rhetorisch brillant, aber doch wie ein Fernseh-Profi. Mitunter kam ich
deshalb im Bericht des ORF am meisten von allen vor und das, wo ich doch als
Letzter ins Ziel kam und nicht aufs Podest.
Siegerehrungen
Ich war in
Höchststimmung und nur schwach ermattet. Kein Gähnen, keine Schlappheit, kein
Hunger. Ein Bier genehmigte ich mir zur Siegerehrung in der großen
Mehrzweckhalle. Mir vis-a-vis saß ein Radler, der noch eine Silbermedaille
(2er-Team, 24h) entgegennehmen sollte und er fragte mich, ob ich derjenige sei,
der auch in Freistadt war. Ja, dieserjenige sei ich. Er erinnerte sich an die 24h,
die ich im 2er-Team mit Jurek rollerte. Ja, die Verrückten treffen einander
immer wieder. Langsam und sicher ist der Tretroller fest in den Köpfen der
Sportler verankert. Das freut mich jedes Mal ganz besonders.
Heimfahrt und
Nachbetrachtungen
Ziemlich entspannt und erholt. Vor allem: Happy!
Licht vorne und hinten an und 5,5 Kilometer noch locker zum Auto rollern. So locker, so leicht! Wie ein Traum. Schmutzig mit dem Dreck der Straße ungeduscht ins Auto. Gemütlich die Autobahn nach Hause gecruist. Total happy! Mir fiel die Headline ein vom Standard, wo über mein „Wien-Berlin 2018“ berichtet wurde und es hieß „Erfolgreich gescheitert!“ Ja, ich scheiterte sozusagen auch diesmal und das obendrein erfolgreich. 340,5 Kilometer waren es und 3.319.8 Höhenmeter. Der wirkliche Erfolg für mich ist, dass ich 16:51:48 reine Fahrzeit hatte und somit eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20,2 km/h. Das macht riesig Mut für den nächsten Rekordversuch.
Zuhause ging es dann ab in die Badewanne. Herrlich! Dann ab ins Bett, wo ich etwas länger als üblich und wirklich sehr tief geschlafen hatte. Tags darauf gab es eine Trainingspause. Seltsam, kein Muskelkater und keine sonstigen Belastungserscheinungen. Wahrscheinlich wäre es nach einer 24-Stunden-Fahrt ohne längerer Pausen anders gewesen. Im Stillen gratulierte ich allen, die an diesem Tag gefinisht hatten, allen voran den Siegerinnen und Siegern ihrer Disziplinen. Wirklich beeindruckend!
Tretroller(renn)ausfahrt Bratislava-Wien 2022. Eine Hitzeschlacht von Bratislava nach Wien. Alle 21 Starterinnen und Starter kamen unfallfrei und glücklich ins Ziel.
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